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Patienten
Shared Decision Making, Partizipative Entscheidungsfindung


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Neue Krebsmedikamente 5: Fortgeschrittener Krebs - keine Chemotherapie ist auch eine Option (24.2.16)
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Schäden von Krebsfrüherkennung - 4 neuere Studien (19.2.15)
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Shared Decision Making: In der Theorie hoch entwickelt, in der (ärztlichen) Praxis noch ein Mauerblümchen (13.2.2007)
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Shared Decision Making: In der Theorie hoch entwickelt, in der (ärztlichen) Praxis noch ein Mauerblümchen

Artikel 0572 Viele Studien haben gezeigt: "Shared Decision Making" (oder: "Partizipative Entscheidungsfindung"), also eine intensive Beteiligung von Patienten an der Entscheidung über das weitere therapeutische Vorgehen durch Informationen und eine intensive Arzt-Patient-Kommunikation, ist heute ein Anspruch der meisten Patienten. In der Theorie ist das Konzept weit entwickelt, in der ärztlichen Praxis indes hapert es noch an allen Ecken und Enden. Ärzte sind zumeist noch weit davon entfernt, die individuellen Ansprüche ihrer Patienten genauer wahrzunehmen und auch darauf einzugehen. Dies ist das Ergebnis einer systematischen Auswertung von Literaturstudien, die jetzt das Picker-Institut vorgelegt hat: "Patient-focused interventions - A review of the evidence".

Eine der Fragestellungen der Autoren ist: Wie kann man Patienten dazu befähigen, an therapeutischen Entscheidungen kompetent mitzuwirken? Und was ist effektiver: Ein Kommunikations-Training für Mediziner und Ärzte oder verbesserte Informationen und Entscheidungshilfen für Patienten? Bevor sie den wissenschaftlichen Forschungsstand zu dieser Frage sinnvoller und effektiver Interventionen zur Verbesserung von Shared Decision Making nachgehen, gehen die Wissenschaftler jedoch auf den Status quo ein. Sie müssen dabei aufgrund einer Vielzahl von Untersuchungen feststellen, dass Ärzte noch erhebliche Probleme bei der Umsetzung von Shared Decision Making haben:

• Eine Studie bei 62 Allgemeinärzten fand, dass Ärzte die spezifischen Bedürfnisse ihrer Patienten oft unberücksichtigt lassen und dazu neigen, die Krankheit, und nicht die kranke Person in den Vordergrund zu stellen.
• Eine andere Studie wertete über 1.000 Audio-Mitschnitte von Arzt-Patient-Gesprächen bei Ärzten verschiedener Fachrichtung aus und fand: Nur bei 21% wurden Patientenwünsche diskutiert, nur bei 11% Therapie-Alternativen erörtert, nur bei 6% über Vorteile und Risiken der Alternativen informiert
• Eine weitere Studie wertete 134 Veröffentlichungen über Beobachtungen von Arzt-Patient-Gesprächen aus. Als Fazit ergab sich, dass Ärzte überwiegend dazu neigen, die Kommunikation zu dominieren und Patienten sich schnell in eine passive Rolle drängen lassen.
• In einer repräsentativen Befragung in England bei knapp 100.000 Patienten im Jahre 2004 zeigte sich, dass knapp die Hälfte bei der letzten Arztkonsultation gerne mehr an der Entscheidung teilgehabt hätten, etwa 40% hätten auch gerne mitentschieden bei der Medikamentenauswahl und ebenso viele hätten sich mehr Informationen über die Arzneimittel-Nebenwirkungen gewünscht. (Coulter/Ellins, Kap 2, S. 64, dort auch Literaturhinweise zu den Studien)

Die Wissenschaftler überprüften in ihrer Studie jedoch auch, welche Konzepte und Interventionen bislang erprobt wurden, um zu mehr Entscheidungsteilhabe von Patienten in der Arztpraxis zu gelangen und wie erfolgreich diese waren. Unterschieden werden dabei drei Strategien: Unterschiedliche Formen des Kommunikationstrainings und der Gesprächsführung für Ärzte, Beratung von Patienten und Hilfsmittel (wie Fragekärtchen), um im Gespräch mit dem Arzt eigene Positionen besser einzubringen, Informationen und Entscheidungshilfen für Patienten durch unterschiedliche Medien (Broschüren, PC-Programme, Videos usw.)

Unter dem Strich zeigt sich, dass ein Königsweg für die Zielsetzung bislang nicht gefunden wurde. Viele Strategien zeigen in einigen Bereichen und für einige Kriterien Erfolge (z.B. Patientenzufriedenheit und Informationsstand), für andere jedoch nicht (Gesundheitszustand, Zeitaufwand und Kosten). Im Einzelnen wird bilanziert:
• Gesprächsführung für Ärzte: Verbesserung des Informationsstands der Patienten, höhere Zufriedenheit, weniger Ängste, bessere Compliance, aber widersprüchliche Befunde hinsichtlich des medizinischen Effekts.
• Patientenberatung zur Gesprächsführung: besserer Informationsstand, insgesamt keine eindeutigen Befunde.
• Entscheidungshilfen für Patienten: Besserer Informationsstand, bessere Übereinstimmung zwischen eigenen Wünschen und ärztlichem Verhalten, hinsichtlich der Patientenzufriedenheit und der gesundheitlichen Effekte keine übereinstimmenden Befunde.
Insgesamt wird damit für die Autoren noch ein sehr umfassender Forschungsbedarf offenbar, da keine der bislang praktizierten Strategien eindeutige und durchschlagende Erfolge aufweisen konnte.

Die Literaturstudie steht hier zum Download zu Verfügung: Improving clinical decision-making

Die Studie ist Teil einer noch umfassenderen Veröffentlichung des Picker Instituts, in der noch zu einer Reiher weiterer Fragen der medizinischen Versorgung und praktischen Ansätzen der Verbesserung im Rahmen von Literaturauswertungen berichtet wird, u.a. zum Thema Patientensicherheit, Kompetenz in Gesundheitsfragen ("Health Literacy"), Selbstmanagement von Patienten, Zugang zur Versorgung usw.: Angela Coulter, Jo Ellins: Patient-focused interventions - A review of the evidence, Hg.: Picker Institute Europe (PDF-Datei, 10,9 MB, 277 Seiten)

Gerd Marstedt, 13.2.2007