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Epidemiologie
Soziale Lage, Armut, soziale Ungleichheit
Häufigkeit sozialer Kontakte (z.B. Besuche, Gruppenaktivitäten) und Sterblichkeitsrisiken assoziiert (11.11.23)
USA: Trotz der weltweit höchsten Pro-Kopfausgaben für Gesundheit sinkt die Lebenserwartung seit 2014. (28.11.19)
Länger leben in Gesundheit? Ja, aber mit erheblichen und zunehmenden sozialen Unterschieden. Das Beispiel Schweiz. (13.11.19)
Grenzen des Zugangs zur gesundheitlichen Versorgung von objektiv Bedürftigen im "sozialen Europas" größer als erwartet. (16.11.17)
USA: Deutliche Zunahme der Lebenserwartungslücke zwischen gering- und vielverdienenden Frauen und Männern (23.2.16)
Public Health als Weg zur Optimierung des Menschen im Sinne besserer Resilienz (28.6.15)
Arbeitslosigkeit und Sterblichkeit an Prostatakrebs - ein OECD-weit vielfach signifikanter Zusammenhang (17.5.15)
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Wie stark soziale Unterschiede und nicht "die Natur" die Lebenserwartung und die Jahre in guter Gesundheit bestimmen (21.3.14)
Bewohner sozial schlecht gestellter Landkreise in Deutschland haben höhere Krebssterberisiken als Bewohner anderer Landkreise (1.2.14)
Mehr Herzinfarkte in ärmeren Stadtteilen. Ergebnisse aus dem Bremer Herzinfarktregister (22.1.14)
Globale Gesundheit - scheidende Bundesregierung hinterlässt bedenkliches Erbe (17.12.13)
Datenreport 2013: Ein "Sozialatlas über die Lebensverhältnisse in Deutschland" jenseits von Wahlkampfphrasen und Kopflangertum (26.11.13)
PIAAC: Geringe Lesekompetenz stark mit geringerer politischer Wirksamkeit und schlechterem Gesundheitszustand assoziiert (10.10.13)
Arme sterben jünger als Wohlhabendere und die sozialen Unterschiede bei der Lebenserwartung von 65-Jährigen werden größer (9.10.13)
Ärztetag, Armut und Gesundheit: Kleinkariert, selbstbezogen und beschränkt (31.5.13)
Warum ist Schottland der "kranke Mann" Europas, war das immer so und sind Whisky sowie frittierte Schokoriegel die Hauptursachen? (25.11.12)
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Sozioökonomische Struktur des Wohnumfeldes bestimmt dauerhaft den selbst wahrgenommenen Gesundheitszustand (28.1.12)
Sozial-"Datenreport 2011": Zunahme von gesundheitlicher Ungleichheit zwischen Gering- und Vielverdienern seit den 1990er Jahren (12.10.11)
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Finanzkrise 2008 ff. und Gesundheit: Anstieg der Arbeitslosigkeit erhöht die Anzahl der Selbsttötungen (17.7.11)
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Oberschicht-Angehörige haben bei Krebserkrankungen eine deutlich längere Überlebensrate (5.8.10)
Schwedische ADHS-Studie: Medikamente werden häufiger verschrieben bei unterprivilegierten Müttern (11.7.10)
"Wirtschaftliche Krise gleich sinkende Lebenserwartung - das ist so!" Kontraintuitives aus der Zeit der "Großen Depression" (6.5.10)
Unterschicht-Angehörige sind nicht nur häufiger chronisch erkrankt, sondern haben auch öfter Kopfschmerzen oder Erkältungen (1.4.10)
Schottische Verlaufsstudie über 20 Jahre zeigt: Niedrige Intelligenz erhöht die Herz-Kreislauf-Mortalität (12.2.10)
Je größer die Schere zwischen Arm und Reich, desto schlechter der Gesundheitszustand der Bevölkerung (18.1.10)
Persönliche Konzepte von Gesundheit und gesunder Ernährung sind in der Mittelschicht andere als in der Unterschicht (13.1.10)
Australische Studie stellt große soziale Ungleichheit fest bei der Versorgung von Patienten mit Angina pectoris (13.1.10)
Eine gute und eine schlechte Nachricht zur Sterblichkeit von Diabetikern (13.1.10)
Auch dies sind Ernährungsprobleme von US-Bürgern: Unzureichende Nahrungsaufnahme aus Geldmangel (29.11.09)
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Schulden machen dick: Deutsche Studie zeigt Zusammenhänge zwischen finanzieller Überschuldung und Übergewicht (11.8.09)
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Der Verzicht auf medizinische Versorgungsleistungen: In unteren Sozialschichten weitaus stärker ausgeprägt (3.5.09)
"Das Design bestimmt das Bewusstsein" nicht nur in Bayern - Wissenswertes und Hilfreiches für Jedermann zu Gesundheitsberichten (31.3.09)
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Englische Studie: Mehr Parks und Grünanlagen in ärmeren Wohngegenden könnten gesundheitliche Ungleichheit verringern (13.11.08)
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Das Informations- und Partizipationsverhalten in unteren Sozialschichten bewirkt auch soziale Ungleichheit in der Versorgung (24.8.2008)
Geburten unter schlechten ökonomischen Rahmenbedingungen erhöhen das Mortalitäts-Risiko durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen (12.8.2008)
Rentner und Pensionäre mit hohen Ruhestandsbezügen haben auch eine höhere Lebenserwartung (26.6.2008)
Sozioökonomische Ungleichheiten der Gesundheit in 22 europäischen Ländern (24.6.2008)
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Soziale Ungleichheit: Die Schichtzugehörigkeit wirkt sich auch auf die Häufigkeit und Intensität von Schmerzen aus (6.5.2008)
England: Bevölkerungsgesundheit verbessert, Ungleichheiten bleiben (21.3.2008)
Die Lebenserwartung ist weiter gestiegen - hauptsächlich jedoch für Bevölkerungsgruppen mit höherer Bildung (13.3.2008)
Oberschicht-Angehörige erhalten nach einem Herzinfarkt öfter eine bessere medizinische Versorgung - und leben danach länger (5.2.2008)
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Grippe-Impfschutz für "hard-to-reach populations" in den USA - Vernachlässigt trotz höherem Risiko für "Restbevölkerung" (20.8.2007)
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Sogar im Wohlfahrtsstaat Schweden: Herzerkrankungen und Todesfälle sind in Problem-Stadtteilen deutlich häufiger (19.2.2007)
Verzerrte Weltkarten - Maßstab ist nicht die Landfläche, sondern soziale und gesundheitliche Benachteiligung (8.2.2007)
Wochenbericht der "Kaiser Family Foundation" über rassische und ethnische Ungleichheiten bei Gesundheit in den USA (13.1.2007)
Gesundheitliche Ungleichheit in Europa (13.12.2006)
Armutsrisiko Gesundheitsversorgung in Deutschland 2005 (5.12.2006)
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Mindestens 1,8 Millionen Bedürftige in Deutschland leben ohne staatliche Hilfe (18.1.2006)
UN-Human Developement Report 2005: Internationale Ungleichheit ein wachsendes Problem (21.9.2005)
Soziale Ungleichheit, Armut und Gesundheit (16.8.2005)
SVR stellt fest: Bildung und Arbeit beeinflussen Krankheitsrisiken (6.7.2005)
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"Wirtschaftliche Krise gleich sinkende Lebenserwartung - das ist so!" Kontraintuitives aus der Zeit der "Großen Depression"
Wirtschaftliche Krise oder Depression gleich sinkende Einkommen, steigende Langzeit-Arbeitslosigkeit, Verlust an sozialer Perspektive und gesellschaftlicher Inklusion, anwachsende Morbidität und schließlich eine spürbare Verringerung der Lebenserwartung durch Selbstmord oder sonstige Mortalität so oder so ähnlich sehen Prognosen zu den Folgen heftiger ökonomischer Krisen aus.
Die Finanzkrise der Jahre 2008ff. und die ökonomischen Folgen des "historischen" Renditemaximierungsspiels der europäischen und anderen Banken, Anleger und Spekulanten auf dem Rücken der griechischen aber auch eines Teils der EU-Bevölkerung, könnten also in Kürze große Spuren bei der Morbidität und Mortalität der Bevölkerungen vieler EU-Staaten und Staaten Nordamerikas hinterlassen.
Dass dies stimmt und/oder zwangsläufig so eintritt, lässt sich aber nach einer von zwei us-amerikanischen Sozialökonomen und -epidemiologen im September 2009 online veröffentlichen fundierten Studie über die Auswirkungen der wirtschaftlichen Entwicklung zwischen 1920 und 1940 und dabei besonders der so genannten "Great Depression" in den 1930er Jahren auf die Lebenserwartung der damaligen US-Bevölkerung, bezweifeln.
Zu den wesentlichen Ergebnisse einer für den Zeitraum vom Anfang der 1920er bis zum Ende der 1930er Jahre durchgeführten Zusammenhangsanalyse gehört nämlich:
• "Life expectancy generally increased throughout the period of study. However, it oscillated substantially throughout the 1920s and 1930s with important drops in 1923, 1926, 1928-1929, and 1936 coinciding with strong economic expansions. During the Great Depression, it rose from 57.1 in 1929 to 63.3 years in 1933. The rates of infant mortality and age-specific mortality for all age groups under 20 years generally declined during the 1920s and 1930s. Superimposed on this general declining trend, peaks in both infant mortality and mortality for children aged 1-4, 5-9, 10-14, and 15-19 were observed in the years 1923, 1926, 1928-1929, and 1934-1936. These peaks all coincide with periods of strong economic growth."
• Entgegen allen Erwartungen verschlechterte sich also vor allem die gesundheitliche Situation und das Sterberisiko immer dann, wenn es zu Wirtschaftswachstum kam und verbesserte sich umgekehrt in den Jahren wirtschaftlicher und sozialer Depression.
• Dies gilt mit Ausnahme der Sterblichkeit durch Selbstmord, die während der Zeit der "Großen Depression" zunahm, aber insgesamt "nur" 2 % der Gesamtsterblichkeit umfasst.
• Und noch mal ausdrücklich bezogen auf die Phase der "Großen Depression" zwischen 1930 und 1934: "Population health did not decline and indeed generally improved during the 4 years of the Great Depression, 1930-1933, with mortality decreasing for almost all ages, and life expectancy increasing by several years in males, females, whites, and nonwhites."
• Schließlich:: "Population health did not decline and indeed generally improved during the 4 years of the Great Depression, 1930-1933, with mortality decreasing for almost all ages, and life expectancy increasing by several years in males, females, whites, and nonwhites."
Obwohl also große Rezessionen, und die Krise der Jahre 1930-34 gehört zu den größten, "periods of pessimism, shrinking revenues, and social malaise" sind, erklären sich die Forscher die unerwartete Nichtwirkung all dieser Bedingungen mit anderen sozialen Mechanismen, die mögliche negative Wirkungen von Krisen auf die Gesundheit und die Lebenserwartung (über-)kompensieren und sich umgekehrt in Zeiten wirtschaftlicher Erholung negativ auf die Gesundheit und Lebenserwartung auswirken (z.B. zunehmende Luftverschmutzung, mehr Verkehrsunfälle). Welche Faktoren aber im Einzelnen zu den unerwarteten Wirkungen führen, bleibt ungeklärt.
Eine durchaus naheliegende Erklärung, wirtschaftliche Krisen- und Wachstumsbedingungen wirkten sich erst mit einer zeitlichen Verzögerung auf Gesundheitsbedingungen aus, halten die Wissenschaftler für den von ihnen untersuchten Zeitraum nicht für stichhaltig oder nur marginal bedeutsam. So sinkt zwar z.B. im ersten Boomjahr 1936, d.h. vier Jahre nach dem Beginn der "Großen Depression" die Lebenserwartung drastisch, um sich aber 1937 gleich wieder kräftig zu verbessern.
Geht man weiter davon aus, dass wirtschaftliche Krisen einen negativen Einfluss auf die soziale Lebenslage großer Teile der Bevölkerungen und damit auf deren Gesundheit und Lebenserwartung haben, hat die genauere Erforschung der fördernden und hemmenden Bedingungen eine enorme wirtschafts- und sozialpolitische Bedeutung.
Dazu braucht man sich noch nicht einmal mit der Empirie der 1930er Jahre in den USA oder in Deutschland auseinandersetzen (die Qualität mancher damaliger Statistik z.B. über die Arbeitslosigkeit ist schlecht), sondern findet mit der Finanzkrise der letzten drei Jahre und ihren Folgen genügend aktuelle Empirie.
Die 6 Seiten der Studie "Life and death during the Great Depression" von Jose´ A. Tapia Granados und Ana V. Diez Roux sind als Beitrag in den renommierten "Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America (PNAS)" online veröffentlicht worden (Published online before print September 28, 2009, doi: 10.1073/pnas.0904491106) und komplett kostenlos erhältlich.
Bernard Braun, 6.5.10