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Je mehr "primary care phycisians" desto höher ist die Lebenserwartung in den USA. Beitrag von Spezialärzten geringer

Artikel 2644 Dass primärärztliche Versorgung bevölkerungsbezogen positive gesundheitliche Wirkungen hat, gehört zu den Basisannahmen und -erkenntnissen der weltweiten Gesundheitsversorgungsforschung und -politik. Etwas weniger weiß man, ob die Praxis der Erkenntnis folgt und über die Größe dieses Nutzens.

Daran ändert eine gerade veröffentlichte Studie von GesundheitswissenschaftlerInnen der us-amerikanischen Stanford und Harvard-Universität über die Entwicklung der Anzahl von Allgemeinmedizinern und Fachärzten in den 3.142 US-Landkreisen/Kreisen ("counties" - das sind fast alle dieser Verwaltungseinheiten), 7.144 US-Primärversorgungsregionen/-märkte ("primary care service areas") und 306 US-Gesundheitsversorgungsmärkten ("hospital referral regions" - das sind alle dieser Märkte) zwischen den Jahren 2005 und 2015 einiges.

Ihre wichtigsten Erkenntnisse sind:

• Obwohl die absolute Anzahl von PrimärärztInnen in den USA in diesen 10 Jahren von 196.014 auf 204.419 zugenommen hat, sank die Anzahl pro 100.000 EinwohnerInnen von 46,6 auf 41,4.
• Bei der Untersuchung des statistischen Zusammenhangs zwischen der Versorgungsdichte durch PrimärärztInnen und Mortalität oder Lebenserwartung zeigt sich, dass 10 zusätzliche ÄrztInnen dieser Art pro 100.000 Einwohner in dem 10-Jahreszeitraum die Lebenserwartung um 51,5 Tage verlängerte. 10 zusätzliche FachärztInnen verlängerten die Lebenserwartung dagegen "nur" um 19,2 Tage.
• 10 zusätzliche Primärärzte reduzierten die kardiovaskuläre Sterblichkeit um 0,9%, die Krebssterblichkeit um 1% und die atremwegsbezogene Sterblichkeit um 1,4%.
• Da den AutorInnen zu Recht klar ist, dass auch noch ganz andere Faktoren als die ärztliche Tätigkeit auf die Lebenserwartung einwirken, berechnen sie wie groß der Anteil der Effekte von Primärärzten an den Effekten der Armut und des Tabakkonsums ist: PrimärärztInnen bewirken rund 20% dessen, was Armutsbekämpfung bei der Lebenserwartung bewirkt und rund zwei Drittel von der Auswirkung des Reduktion des Tabakkonsums.
• Zu den Gründen warum in den USA trotz dieses bevölkerungsgesundheitlichen Nutzens zu wenig Medizinstudierende Primärärzte werden wollen und werden, bemerkte der Hauptautor folgendes: "The passionate students who care about population health really want to go into primary care…But they also have serious education debts and are looking at the paychecks for fields like dermatology, ophthalmology or urology. They don't actually find those fields compelling, but the pay disparity is often just too much for them to take a low-level primary care job instead."

Und was bedeutet dies für die Gesundheitsversorgung in Deutschland? Selbst wenn Vergleiche zwischen "primary care phycisians" und PrimärärztInnen in Deutschland nicht ganz einfach sind, fehlt eine derartige Untersuchung in Deutschland zunächst einmal. Was aber im Lichte der Ergebnisse in den USA wohl bedacht werden sollte, ist die je nach Zählweise stetige abnehmende oder aber leicht zunehmende Anzahl von HausärztInnen (welche primärärztlich tätigen (Fach-)ÄrztInnen in dieser Gruppe zusammengefasst sind, bleibt aber unklar) im deutschen Gesundheitssystem. Der in Festreden beschworenen Bedeutung der primärärztlichen Versorgung steht auch in Deutschland keine entsprechende Zunahme dieser Arztgruppe gegenüber. Was dies für die Lebenserwartung bedeutet, belegt nun die US-Studie sehr genau.

Der Aufsatz Association of Primary Care Physician Supply With Population Mortality in the United States, 2005-2015 von Sanjay Basu et al. ist am 18. Februar 2019 online first in der Fachzeitschrift "JAMA Internal Medicine" erschienen und kostenlos erhältlich.

Bernard Braun, 19.2.19