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Ein "medizinisches Zuhause" bietet nach Patientenurteilen eine bessere Behandlungsqualität

Artikel 0994 Ein "medizinisches Zuhause" ("medical home"), also eine feste Anlaufstelle im Versorgungssystem, etwa in der Art, wie sie im Hausarztmodell der Gesetzlichen Krankenkassen umgesetzt ist, bietet für Patienten erhebliche Vorteile in der medizinischen Versorgung. Dieses Ergebnis zeigt sich im internationalen Vergleich trotz der teilweise gravierenden Unterschiede zwischen den Gesundheitssystemen beispielsweise von Deutschland, Großbritannien und den USA. Patienten, die ein solches "medizinisches Zuhause" gewählt haben, sind zufriedener mit der Therapie und auch Arzt-Patient-Kommunikation und erleben nach eigener Meinung auch seltener Behandlungsfehler oder unnötige Doppeluntersuchungen. Dies sind zentrale Befunde einer Befragung von etwa 11.000 Erwachsenen in sieben Ländern (Australien, Neuseeland, USA, Kanada, Großbritannien, Niederlande und Deutschland), über die jetzt in der Zeitschrift "Health Affairs" berichtet wurde.

Die Finanzierung der Studie erfolgte über den Commonwealth Fund und verschiedene nationale Einrichtungen, in Deutschland durch das Institut für "Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen". Die Telefon-Interviews wurden Anfang 2007 durchgeführt. Dabei wurde eine Vielzahl von Fragen gestellt zur Bewertung des Gesundheitssystems und persönlichen Erfahrungen in der medizinischen Versorgung. Im Zentrum der späteren Analysen stand dann die Unterscheidung, ob Patienten eine feste Anlaufstelle im Medizinsystem haben oder nicht. Definiert wurde dies über vier Indikatoren:
• Jemand hat einen Haus- oder Allgemeinarzt oder eine Versorgungseinrichtung, zu der er gewöhnlich als erstes geht
• Der dort besuchte Arzt kennt die Krankengeschichte des Patienten
• Der Arzt oder die Einrichtung ist während der normalen Praxiszeiten telefonisch einfach zu erreichen
• Der Arzt oder die Einrichtung übernimmt die Koordination mit anderen Medizinern, Einrichtungen oder Kliniken.
Sofern alle diese Fragen bejaht wurden, stufte man Befragungsteilnehmer als "Patienten mit fester Anlaufstelle" ein. In den einzelnen Ländern lag die Quote dieser Gruppe zwischen 45 und 61 Prozent und war dabei in Deutschland mit 45% am niedrigsten.

Beim Vergleich der beiden Gruppen mit und ohne feste Anlaufstelle zeigen sich dann erhebliche Unterschiede für die Qualität der medizinischen Versorgung, und dies auch bei einer getrennten Betrachtung der einzelnen Länder. Diese Differenzen werden bei einer Vielzahl von Indikatoren deutlich. Im Folgenden sind Daten nur für Deutschland angegeben, die Unterschiede sind jedoch auch in anderen Ländern in ähnlicher Form zu finden. Teilweise fallen die Vorteile des "medizinischen Zuhause" in den USA am deutlichsten auf. Einige Beispiel aus der sehr großen Zahl der in der Studie veröffentlichten Differenzen:

• Verständlichkeit der ärztlichen Informationen: 81% der Patienten mit fester Anlaufstelle sagen, dass dies meist der Fall ist, aber nur 61% derjenigen ohne feste Anlaufstelle
• Arzt nimmt sich ausreichend Zeit: 82% vs. 59%
• Arzt bezieht den Patienten bei Entscheidungen mit ein: 72% vs. 52%
• Bewertung der ärztlichen Leistungen als gut oder sehr gut: 65% vs. 40%
• Durchführung unnötiger, doppelter Diagnostik nach Patientenansicht: 11% vs. 18%
• Probleme bei der Zusammenarbeit mehrerer Ärzte: 16% vs. 23%
• guter Informationsfluss nach Klinikaufenthalt: 89% vs. 79%

Bei einer Teilgruppe chronisch erkrankter Patienten wurden überdies noch folgende Differenzen deutlich:
• Informations- oder Erinnerungsschreiben für mögliche Teilnahme an Früherkennung: 67% vs. 48%
• Widersprüchliche Informationen von verschiedenen Ärzten: 14% vs. 24%
• Medizinische Behandlungsfehler: 11% vs. 19%

Die Studie zeigt damit unter dem Strich und zumindest aus der Perspektive von Patientenerfahrungen, dass ein "Lotse" im Versorgungssystem erhebliche Vorteile mit sich bringt. In Deutschland ist das Angebot eines Hausarztmodells inzwischen für alle Gesetzlichen Krankenkassen verpflichtend vorgeschrieben. Die Diskussion, ob dieses Modell nun in gesundheitlicher oder auch ökonomischer Hinsicht überhaupt Vorteile mit sich bringt, ist hierzulande noch immer im Gange und nicht selten eher von Standesinteressen als gesundheitspolitischer Weitsicht getragen (vgl.: Hausarztmodelle der Krankenkassen: Bessere Versorgung zu höheren Kosten oder nur höhere Kosten?). Die jetzt vorgelegten Ergebnisse sollten diese Diskussion mit ein wenig mehr Fakten anreichern.

Die Studie ist hier im Volltext nachzulesen: Cathy Schoen u.a.: Toward Higher-Performance Health Systems: Adults’ Health Care Experiences In Seven Countries, 2007 (Health Affairs, 26, no. 6 (2007): w717-w734)
Hier ist die PDF-Datei zur Studie

Gerd Marstedt, 2.11.2007