"Vorsicht Studie" oder oft werden "positive" Ergebnisse durch Anpassung des primären Endpunkts produziert
Die häufig als eine Art Schlussakkord beabsichtigte Bemerkung "das zeigt
eine Studie" gehört mittlerweile zum Repertoire vieler
gesundheitswissenschaftlicher und politischer Diskussionen oder Talkshows,
ebenso wie die Gegenwehr in Gestalt des "aber eine andere Studie zeigt
doch". Umso wichtiger ist es daher, weder jedem Argument mit dem Prädikat
"Studie" zu trauen, dass die Studie korrekt wiedergegeben wird, noch
blind studiengläubig zu sein. Auch Studien müssen methodisch und inhaltlich
kritisch hinterfragt werden bzw. hinterfragbar sein. Faktenchecks
am [mehr...]
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Pro und Contra zum IQWiG-Bericht über den fehlenden Nutzen oder Schaden von "gemeinsamer Entscheidungsfindung"
Unter der Überschrift Führt eine gemeinsame Entscheidungsfindung von Arzt und
Patient bei der Therapiewahl zu besseren Ergebnissen? stellten wir vor einigen
Wochen die wesentlichen Aussagen des vom "Institut für Qualität und
Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG)" veröffentlichten,
erklärtermaßen "vorläufigen" Themencheck/HTA-Berichts zur
gemeinsamen Entscheidungsfindung oder shared decision making vor. Die zentrale
Aussage lautete: "Für die patientenrelevanten Endpunkte Mortalität,
Morbidität und Lebensqualität wurde kein Nutzen oder Schaden von
SDM-Interventionen
im [mehr...]
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Klinikpflegekräfte verwenden 23,6 % ihrer Wochenarbeitszeit für Dokumentation. Digitale Assistenzsysteme als Lösung?
Praktisch alle Angehörigen von patientenbehandelnden Berufen im stationären
und ambulanten Bereich klagen seit Jahren über die laufende Abnahme ihrer
Arbeitszeit für patientennahen Tätigkeit durch die wachsenden
Dokumentationsarbeiten. Für jede Pflegefachperson wurde zu Beginn der
Nuller-Jahre geschätzt, dass für diese Tätigkeit von einer 38,5 Stundenwoche
fachgebietsübergreifend etwa 20 Prozent der Arbeitszeit und damit 7,7 h pro
Woche verwendet werden musste. Wie die Ist-Situation von Pflegekräften in
Krankenhäusern aktuell aussieht, wie technikaffin die Pflegekräfte sind
und [mehr...]
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Häufigkeit sozialer Kontakte (z.B. Besuche, Gruppenaktivitäten) und Sterblichkeitsrisiken assoziiert
Mittel einer prospektiven Kohortenanalyse mit Daten zu 5 Merkmalen sozialer
Kontakte oder Verbindungen der 458.146 Angehörigen der Biobank
Großbritanniens/UK Biobank und den Daten verschiedener Sterblichkeitsregister
untersuchte eine Gruppe von Wissenschaftler:innen der Universität Glasgow
Zusammenhänge der Gesamt-Sterblichkeit und der Sterblichkeit an
kardiovaskulären Erkrankungen. Als Indikatoren für soziale Kontakte wurden
zwei funktionale Merkmale, nämlich die Häufigkeit sich jemandem anvertrauen zu
können und das Gefühl, einsam zu sein und drei strukturelle Merkmale
ausgewählt. [mehr...]
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Medizinische Prävention ist nicht genug
Man kann es ja nicht oft genug betonen: Gesundheit erfordert mehr als Medizin.
Entgegen landläufiger Wahrnehmung unter Lai*innen wie unter politischen
Entscheidungsträger*innen hat der Gesundheitszustand einer Bevölkerung nur
wenig mit dem Krankenversorgungssystem zu tun. Die durchschnittliche
Lebenserwartung stieg in Europa vor allem in Folge von umfassenden
Hygienemaßnahmen, die lange vor der Einführung von Antibiotika maßgeblich zum
deutlichen Rückgang von Infektionskrankheiten beitrugen. Die Verbesserung der
allgemeinen Lebens- sowie der Arbeits- und Einkommensbedingungen
hat [mehr...]
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GKV-Versicherte warten 15 Tage länger auf einen Dermatologen-/Neurologentermin als PKV-Versicherte
Zu den immer wieder kritisierten und debattierten Auswirkungen des international
nahezu einzigartigen Nebeneinanders von gesetzlicher und privater
Krankenversicherung in Deutschland, gehört, dass privat Versicherte
insbesondere Termine bei Fachärzten mit wesentlich geringeren Wartezeiten
erhalten als gesetzliche Versicherte. Dies wurde in der Vergangenheit mehrfach
durch standardisierte Befragungen von Versicherten beider Versicherungssysteme
und Aerzt:innen bestätigt. Die mit dieser Art von Erhebungsdesign verbundenen
methodischen Limitationen (z.B. retrospektives
Design, [mehr...]
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Virchow-Preis für Global Health: Ein Möchtegern-Nobelpreis mit arger Schlagseite
Beim World Health Summit im Oktober 2023 hat das Virchow-Komitee zum zweiten Mal
den gleichnamigen Preis für besondere Leistungen auf dem Gebiet der globalen
Gesundheit vergeben. Aber das Global-Health-Verständnis der Virchow-Stiftung
hat Schlagseite; und die Herkunft des Preisgeldes ist ausgesprochen suspekt. Im
Rahmen des World Health Summit im Oktober 2023 vergab das Virchow-Komitee zum
zweiten Mal den gleichnamigen Preis für besondere Leistungen auf dem Gebiet der
globalen Gesundheit. Die Stiftung lobt den Virchow-Preis für akademische,
politische, soziale oder wirtschaftliche
bzw. [mehr...]
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In eigener Sache: wir sind wieder da!
Regelmäßigen Besucher:innen dieser Website dürfte nicht entgangen sein, dass
praktisch zeitgleich mit dem Ausbruch der Covid-19-Pandemie die
Veröffentlichung neuer Beiträge im Forum Gesundheitspolitik ziemlich abrupt
abbrach. Und Mitte 2023 war die Website sogar vorübergehend überhaupt nicht
mehr erreichbar. Diese ungewollte Pause war die Folge des unaufhörlichen Auf-
und Nachrüstungsdrangs der Informationstechnologie, die keine Rücksicht auf
den Erhalt veralteter Software und Datenbanken sowie deren Brauchbarkeit nimmt.
Der bisherige Service-Provider erwies sich angesichts
des [mehr...]
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Wie viele der in Cochrane Reviews bewerteten 1.567 Leistungen sind qualitativ hochwertig? 5,6 %!
Die von einer Vielzahl unabhängiger Expert:innengruppen erstellten
systematischen Reviews der Cochrane Collaboration über die in hochwertigen
Studien identifizierte Evidenz der Qualität, des Nutzens und der möglichen
unerwünschten Behandlungseffekten einer Vielzahl von gesundheitsbezogenen
Interventionen, Eingriffen und Behandlungen gelten seit langem als Goldstandard.
Dies liegt zum einen daran, dass in den Reviews in der Regel nur randomisierte
und kontrollierte Studien berücksichtigt werden und zum andern an der zur
Berechnung der Evidenz genutzten einheitlichen GRADE-Methodik
Grading [mehr...]
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Führt eine gemeinsame Entscheidungsfindung von Arzt und Patient bei der Therapiewahl zu besseren Ergebnissen?
Unter diesem Titel veröffentlicht das "Institut für Qualität und
Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG)" am 6. September 2023 einen
320-seitigen "vorläufigen" Health-Technology-Assessment-Bericht
(HTA-Bericht), der eine Reihe irritierenden oder diskussionsanregenden
Ergebnisse der von einer Expert:innengruppe auf der Basis von mehr als 250
methodisch hochwertigen Studien erstellten sieben aktuellen systematischen
Übersichten - "Review of Reviews" - enthält. Nachdem es mit einer
verstärkten gemeinsamen Entscheidungsfindung oder dem
"shared [mehr...]
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Rehabilitation und Vorsorge für Mütter, Väter, Kinder und pflegende Angehörige - Bedarf, Wirkungen, Reformbedarf
Die Datenbasis für diese Studie lieferten vor Beginn der Covid-19-Pandemie
eine repräsentative bundesweite Befragung von 1.330 Müttern,
Vätern und pflegenden Angehörigen und eine Befragung aller 960
Beratungsstellen (Rücklauf: 346 Stellen). Unter den Bedingungen der
Pandemie wurden außerdem 73 Einrichtungen aus dem Verbund des
Müttergenesungswerks (Rücklauf n=48), 1.050 niedergelassene
Ärztinnen und Ärzte (Rücklauf n=139), 1.650 ehemalige
Patient*innen aus 55 MGW-Einrichtungen (Rücklauf n=671) und15 Expert*innen
aus Politik, Wissenschaft und Beschäftigten in Einrichtungen befragt
bzw. [mehr...]
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Zwei neue Studien: COVID-19 ist gef�hrlicher als die saisonale Influenza
Eine Studie aus Frankreich befasst sich mit der Frage, wie sich COVID-19 und
Influenza bezüglich Morbidität und Mortalität unterscheiden. Verglichen
wurden dazu Krankenhauspatient*innen zum Zeitpunkt der Entlassung. Dazu wurden
die Daten von 89.530 COVID-19-Patient*innen aus dem Zeitraum 1.3.-30.4.2020 mit
45.819 Influenza-Patienten aus dem Zeitraum 1.12.2018 bis 28.2.2019 verglichen.
Es handelt sich um eine retrospektive Kohortenstudie. Die Diagnosen und
Prozeduren (abrechenbare Behandlungsmaßnahmen) aller Patienten, die in
öffentlichen und privaten Krankenhäusern in
Frankreich [mehr...]
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Höheres Sterberisiko bei COVID-19 für Menschen aus benachteiligten Regionen in Schottland
Unterschiedliche Auswirkungen der SARS-CoV-2-Pandemie auf unterschiedliche
Bevölkerungsgruppen sind bekannt. Die wichtigsten Prognosefaktoren sind
neben dem Alter Vorerkrankungen von Herz, Lunge, Leber, Nieren und
Krebserkrankungen. Die höhere Prävalenz dieser chronischen
Erkrankungen für Personen mit niedrigerem sozioökonomischem Status ist
bekannt und gut dokumentiert (Klemperer 2020, S. 193 ff.). Allein aus diesem
Grund verteilen sich auch die mit dem SARS-CoV-2 einhergehenden Risiken sozial
ungleich. Eine schottische Studie hat dies anhand aller 735 COVID-19-Patienten
dokumentiert,
die [mehr...]
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Positiver Effekt von Mindestmengen aber ohne 75 Prozent der Leistungsanbieter!? Das Beispiel der Frühchenversorgung.
Seit den Nuller Jahren gibt es um die Mindestmenge der Entbindungen und
Behandlungen von Frühchen unter 1500 oder noch weniger Gramm mehrfach
unterschiedliche Beschlüsse des für die Mindestmengenfestlegung
gesetzlich zuständigen Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) und verschiedener
Sozialgerichte bis hin zum Bundessozialgericht. Konsens besteht wohl
darüber, dass in einem Krankenhaus eine gewisse Menge dieser Leistungen
erbracht werden muss, um mit der erforderlichen Prozess- und
Ergebnisqualität derartig herausfordernde Patient*innen behandeln zu
dürfen. Nur ob mindestens 14, 30 oder noch
mehr [mehr...]
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"Lack of transparency in clinical trials harms patients. The timely posting of summary results is an ... obligation" (TI/Cochrane)
Nicht zuletzt durch die gegenwärtige CoVid-19-Pandemie befeuert spielen
Studien in immer mehr Darstellungen gesundheitlicher Probleme und den Debatten
über die Pros und Cons ihrer Prävention und Therapie eine zentrale
Rolle. Studien, die in einer peer-reviewten Fachzeitschrift veröffentlicht
worden sind werden dabei als besonders valide und aussagekräftig bewertet.
Dass viele Aufsätze über CoVid-19-Pandemie-Studien zwar erst
vorläufig nur auf so genannten Preprint-Servern zugänglich sind, also
noch nicht von unabhängigen Wissenschaftler*innen überprüft
worden sind, sich aber trotzdem
auf [mehr...]
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Anwendungsbeobachtungen erhöhen die Arzneimittelausgaben
Über Anwendungsbeobachtungen von Arzneimitteln, die von einem Hersteller
veranlasst werden, haben wir mehrfach kritisch berichtet. Dieser Beitrag aus
2007 hat nach wie vor weitgehend Gültigkeit. Anwendungsbeobachtungen (AWB)
sind eine Form der nichtinterventionellen Studien, die zumeist vom Hersteller
der zu untersuchenden Substanz veranlasst und finanziert werden. Der
Lobbyverband der forschenden Parma-Unternehmen bezeichnet AWB auch heute noch
als "unverzichtbares Instrument für die Arzneimittelforschung"
und ignoriert dabei Studien, wie die von Spelsberg et al. aus dem Jahr 2017.
Eine [mehr...]
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Lehrbuch "Sozialmedizin - Public Health - Gesundheitswissenschaften" in der 4. Auflage: Gesundheitskompetenz für alle!
Lehrbuch "Sozialmedizin - Public Health - Gesundheitswissenschaften"
in der 4. Auflage: Gesundheitskompetenz für alle! Das Lehrbuch
"Sozialmedizin - Public Health - Gesundheitswissenschaften" ist vor
kurzem in der 4. Auflage erschienen. Der Verfasser ist einer der Autoren des
Forum Gesundheitspolitik. Alle Kapitel wurden vollständig überarbeitet
und auf den Stand Ende 2019 aktualisiert. Einige Themen wurden ergänzt, wie
z.B. Gesundheit von Frauen und Männern und das Gesundheitssystem der DDR.
Das Kapitel Ungleichheiten der Gesundheit geht jetzt vertieft auf
die [mehr...]
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Resistenz gegenüber schlechter Beratung durch evidenzbasierte Informationen
Die große Mehrzahl der Ärzte und Ärztinnen kennen bzw. verstehen
die Prinzipien der (Krebs-)Früherkennung nicht, wie Studien einhellig
zeigen, von denen wir eine Reihe im Forum in der Rubrik Früherkennung,
Screening dokumentieren. Diese Prinzipien sind in diesen Lehrvideos dargelegt:
Krankheitsfrüherkennung Teil 1 und Teil 2. Logischerweise kann die Beratung
durch Ärzte, die diese Prinzipien nicht kennen bzw. verstanden haben, nur
unzulänglich sein. In einer Studie mit 897 Personen wurde getestet, ob
korrekte Informationen vor unzureichender Beratung schützen. In
persönlichen
Gesprächen [mehr...]
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Alkoholmindestpreis senkt Alkoholkonsum
Gesundheitswissenschaftlich ist gut belegt, dass die Schäden von
Alkoholkonsum am effektivsten durch Maßnahmen reduziert werden, die auf
den Preis, die Verfügbarkeit und das Marketing von Alkohol zielen. Nach
bisherigen Erfahrungen führen Preiserhöhungen zu geringerem und
Preissenkungen zu höherem Konsum (wir berichteten: Alkohol: höhere
Preise - weniger Probleme). Gezielter soll der Mindestpreis für die Einheit
Alkohol ("alcohol minimum unit pricing", MUP) wirken, der in erster
Linie den Konsum riskant Konsumierender und Jugendlicher mindern soll. Die
Englische Regierung hatte daher
die [mehr...]
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Wer wird wie lange, mit welchem Erfolg und womit kieferorthopädisch behandelt? Erste Ergebnisse einer prospektiven Kohortenstudie
Nach einer durch eine Mitteilung des Bundesrechnungshofes im Jahr 2017
angestoßenen Debatte über die fehlende oder unzulängliche
Transparenz über die kieferorthopädische Versorgung von Kindern und
Jugendlichen, verständigten sich die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV),
das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) und Fachverbände der
Kieferorthopäden auf eine Reihe von Maßnahmen und Projekten (siehe
dazu Näheres in dem hier vorgestellten Report). Dazu zählt auch das
vom Spitzenverband Bund der GKV koordinierte Projekt einer retrospektiven
Analyse von Behandlungsdaten. Zum Stand
dieses [mehr...]
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Frühere Artikel:
"Closing borders is ridiculous" (A. Tegnell), und zahlreiche Studien bestätigen dies seit vielen Jahren.
Rund ein Viertel der englischsprachigen You tube-Videos über Covid-19 sind fehlerhaft oder irreführend
Schlaganfallpatient*innen in Covid-19-Zeiten: 39% Rückgang! Ursachen unklar, aber Covid-19-Kollateralschaden nicht auszuschließen.
Internationale Studie: Sommerliche Temperaturen werden COVID-19 nicht verringern, Public Health-Maßnahmen dagegen schon.
Hohe Preise für 65 Krebsmedikamente sind nicht durch ihren Nutzen gerechtfertigt. Daten aus UK, USA, D, F und CH
"Für Firmen packt man die Bazooka aus, für Eltern nicht mal die Wasserpistole" (SZ 4.5.2020) Eltern, Corona-Pandemie in Österreich
Hilft Vitamin C Lungenentzündungen zu verhindern oder zu behandeln? Nein, "insufficient" wie bei vielen anderen Erkrankungen!
Medizinische Leit- oder Leidlinien? Wie unabhängig und interessenkonfliktfrei oder -reduziert sind Leitlinien?
Vorsicht Studie oder wissenschaftliche Standards und Fakten- statt Fake-Berichterstattung im Covid-19-Corona-Ausnahmezustand
Sars-CoV-2 und Covid-19: Anmerkungen zur aktuellen Krise und was lernen wir daraus?!
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