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Sozialversicherungsschutz als "bürokratisches Hemmnis": "Unternehmerfreundliche" Abschaffung der Künstlersozialkasse vorgeschlagen

Artikel 1342 Seit 25 Jahren gibt es im deutschen Sozialversicherungsssystem die Künstlersozialkasse (KSK). Wegen der besonderen sozialen Situation freiberuflicher Künstler und Publizisten, die u.a. durch ein nichtstetiges und aktuell bei durchschnittlich 12.616 Euro liegendes Jahreseinkommen charakterisiert ist, wurde dieser spezielle und weltweit einmalige Träger für die Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung dieser Berufsgruppen 1983 geschaffen.
Die derzeit rund 160.000 Mitglieder zahlen nur die Hälfte ihrer Beiträge, während die KSK als Arbeitgeber agiert und die andere Hälfte bezahlt. Sie bekommt wiederum 20 % dieser Summe aus dem Bundeshaushalt und die restlichen 80 %, also insgesamt 40 % der gesamten Beiträge, stammen von den Unternehmen, die mit Erzeugnissen und Dienstleistungen von Künstlern etc. ihre Geschäfte machen, also von Galerien, Verlagen, Plattenfirmen, Theater, Orchester oder Museen. Diese so genannten Verwerter, und dies ist im aktuellen Zusammenhang wichtig, sind also eine Mischung aus Klein-, Mittel- und Großunternehmen.

Die KSK geriet spätestens dann ins Gerede und wurde in Frage gestellt als im Jahr 2007 zum einen auch Firmen zur Kasse gebeten wurden, die auf Honorarbasis z. B. Grafiker für ihre Werbeplakate engagierte und wegen der erkennbaren Zahlungsverzüge von zahlungspflichtigen Unternehmen stärkere Kontrollen der Zahlungspflichten und Zahlungserfüllung durch die Deutsche Rentenversicherung erfolgte. Der Anfangserfolg der Nachzahlung von 13 Millionen Euro und die dahinter steckenden Informationsdefizite oder auch Verweigerungshaltungen lassen ahnen, dass noch weitere Millionen nachträgliche Zahlungen zu erwarten sind.

Der ohne Zweifel damit und mit der zukünftig korrekten Zahlung verbundene Verwaltungsaufwand war der Auslöser für einen in der Geschichte der deutschen Sozialversicherungssysteme erst- und einmaligen Versuch der Auflösung eines Sicherungsystems. Einmalig aber keineswegs nur auf die KSK gemünzt ist die dafür bemühte Begründung.

Anlass ist der "Entwurf eines Dritten Gesetzes zum Abbau bürokratischer Hemmnisse insbesondere in der mittelständischen Wirtschaft (Drittes Mittelstandsentlastungsgesetz)", über den mit Unterstützung von sieben Bundesländern und mehrerer Bundesratsausschüsse am 19. September in der 847. Sitzung des Bundesrates abgestimmt werden soll.

In einer "Empfehlung" (Bundesratsdrucksache 558/1/08) von 7 Bundesländern und mehreren Bundesratsausschüssen für die Verabschiedung (Bundesratsdrucksache 558/1/08)" wird die Auflösung der KSK als eine konkrete Entlastungsmaßnahme empfohlen.

Die entscheidende Passage lautet:

"Der Bundesrat fordert, dass die Künstlersozialversicherung abgeschafft oder zumindest unternehmerfreundlich reformiert wird. Der Aufwand bei der Feststellung der Abgabenpflicht und bei der Durchführung des Verfahrens, die verstärkten Kontrollen durch die Deutsche Rentenversicherung bei der Ermittlung der abgabepflichtigen Unternehmen sowie die Verpflichtung zur Beantwortung eines mehrseitigen Fragebogens führen zu einer großen Bürokratie. Insbesondere kleine und mittlere Unternehmen sind durch die nun flächendeckend erfolgende Erfassung diesem bürokratischen Aufwand ausgesetzt. Der Aufwand überschreitet die erzielten Mehreinnahmen der Künstlersozialkasse erheblich und ist damit unangemessen hoch. Außerdem besteht infolge der komplizierten gesetzlichen Regelungen keine Klarheit über den Umfang der Abgabepflicht. Die Höhe der Kosten bei der Auftragsvergabe von Leistungen, die eventuell unter die Abgabepflicht fallen können, ist für Auftraggeber nicht genau kalkulierbar. Nicht nachvollziehbar ist, dass die Abgabepflicht in mehreren Fällen auch dann besteht, wenn der betroffene Künstler, Grafiker oder Publizist gar nicht bei der Künstlersozialversicherung versichert ist. Hinzu kommt die große Verunsicherung der Unternehmen im Hinblick auf die rückwirkende Abgabepflicht für fünf Jahre. Die Nachforderungssummen haben inzwischen eine Höhe von über 13 Mio. Euro erreicht. Der lange Rückwirkungszeitraum wird der Tatsache nicht gerecht, dass bisher über den Umfang der Abgabeverpflichtung in der Künstlersozialversicherung nicht ausreichend aufgeklärt wurde."

Ohne ein Wort über die soziale Notwendigkeit des KSK-Versicherungsschutzes zu verlieren oder wenigstens theoretisch über Alternativen nachzudenken, stilisiert der Bundesrat die Unternehmerfreundlichkeit der Prozedur zu einem, wenn nicht gar zum entscheidenden Kriterium einer Sozialversicherung. Mit diesem Argument könnte man nach Abschaffung der KSK im Prinzip auch die Versicherungsträger für Nichtkünstler wie etwa die gesetzlichen Krankenkassen abschaffen.

Bernard Braun, 11.9.2008