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Steuerung durch Kassenwettbewerb - wenn ja, wie viel?

Artikel 1872 Seit etlichen Jahren bestimmt ein Thema zu beachtlichen Teilen die gesundheitspolitische Debatte in Deutschland und anderswo. Wettbewerbselemente sollen die Effizienz des Gesundheitswesens steigern und zur Kostendämpfung beitragen. Während der Wettbewerb unter Leistungserbringern vor allem im ambulanten Bereich bisher kaum eine Rolle spielt, hat die Politik seit den 1990er Jahren auf der Finanzierungsseite Marktelemente eingeführt. Der Kassenwettbewerb hat das bisher eher beschaulich-bürokratische Dasein der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) erschüttert und die Zahl der öffentlichen Kassen in einen Bereich verringert, den man auch ohne Kenntnis der Vorgeschichte der sozialen Krankenversicherung in Deutschland akzeptieren mag.

Neuen Auftrieb erhält die Idee von der steuernden Wirkung des Kassenwettbewerbs allerdings durch die neueste Entwicklung in Deutschland. Dafür sorgt der Zusatzbeitrag, den bereits die Große Koalition der GKV zugestanden hat, um finanzielle Engpässe oder Dauermängel zu überwinden. Vor einiger Zeit kam es zu einem zunehmenden Wechsel von den Kassen, die den Zusatzbeitrag bereits erheben, zu solchen, die bisher nicht mehr als den 14,9-prozentigen Beitrag kassieren. Der Stern hatte sogar nachgezählt und meldete 500.000 wechseln Kasse. Der einkommensunabhängige Festbeitrag treibt in erster Linie Hartz-IV-EmpfängerInnen und RentnerInnen in die Flucht zu derzeit preisgünstigeren Kassen. Wettbewerb bedeutet eben immer auch Selektion. Und in diesem Fall gewährleistet er, dass alsbald auch die anderen Krankenkassen einen Zusatzbeitrag erheben müssen. Dank letzten Reformmaßnahme von Gesundheitsminister Philipp Rösler, die eine Verdoppelung des maximalen Belastungsanteils von einem auf zwei Prozent des Einkommens durch Zusatzbeiträge erlaubt, wird der Kassenwettbewerb noch effizienter die Gruppe aus den Versicherungen heraustreiben, die die geringsten Beiträge leisten und den größten Behandlungsbedarf haben. Schließlich soll Kassenwettbewerb ja die Effizienz steigern.

Theorien und Ideen sind ja eine schöne Sache - doch was steckt wirklich hinter dem gesundheitspolitischen Mantra des Krankenkassenwettbewerbs? Zu dieser Frage veröffentlichte die Zeitschrift Health Expectations kürzlich eine interessante niederländische Studie mit dem Titel The intention to switch health insurer and actual switching behaviour: are there differences between groups of people?. Darin untersuchen die Wissenschaftler von Zentrum für Versorgungsforschung in Utrecht gemeinsam mit Kollegen von der dortigen Universität die Bereitschaft von Versicherten, ihre Krankenkasse zu wechseln, und verglichen dies mit der Zahl der tatsächlichen Kassenwechsler nach einem gegebenen Stichtag.

Im Oktober 2006 gaben nur 166 von 12.249 befragten NiederländerInnen, also gerade einmal (1,4 %) an, ihre Krankenkasse zum Jahresende wechseln zu wollen; die große Mehrheit der Kohorte, nämlich 10 547 bzw. 86 % der Befragten beabsichtigten keinen Kassenwechsel, und die übrigen 1.536 (13%) wussten nicht, ob sie ihre Krankenversicherung wechseln würden. Dabei zeigten Frauen, ältere Menschen und solche mit geringerer Bildung, langjährige Mitglieder einer Versicherung und Personen mit schlechtem oder mäßigem Gesundheitszustand weniger geneigt, ihre Krankenkasse zu wechseln.

Nach dem Jahreswechsel, an dem ein Kassenwechsel möglich war, wechselten allerdings nur 31 % der wechselwilligen Befragten tatsächlich ihre Kasse, während 39 % bei ihrer vorherigen Versicherung geblieben waren. Immerhin 164 Personen bzw. 2 % aus der großen Gruppe der wechselwilligen Versicherten und 72 bzw. 7 % der zuvor Unentschiedenen gehörten nach dem Jahreswechsel einer anderen Kasse an, so dass in absoluten Zahlen mehr wechselunwillige als -willige tatsächlich eine neue Kasse bevorzugten.

Bezogen auf frühere Einschätzungen beispielsweise von Maarse und Kollegen in Health Care Analysis, 2006; 14 (1): 37-49 ziehen die Autoren eine eher ernüchternde Schlussfolgerung: " We might have to temper the optimistic expectations on enhanced choice". Was sie allerdings nicht davon abhält, immanent in der Logik des Kassenwettbewerbs zu verharren: "Future research should determine why people do not switch health insurer when they intend to and which barriers they experience."

Ein paar Anregungen aus einer Untersuchung über die Gründe der Nichtnutzer der Kassenwahlfreiheit in Deutschland aus dem Zentrum für Soizialpolitik der Universität Bremen, finden sich in einem früheren "Forum-Gesundheitspolitik-Beitrag". Maßgeblich sind dafür Wechselbarrieren verantwortlich, die aus grundlegenden Missverständnisse der Effekte des Kassenwechsel bestehen.

Von dem Artikel von Groenewegen und KollegInnen steht kostenlos nur das Abstract zur Verfügung.

Jens Holst, 10.11.10