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Prävention
Früherkennung, Screening


Resistenz gegenüber schlechter Beratung durch evidenzbasierte Informationen (26.5.20)
Digitale rektale Prostata-Untersuchung wegen Risiko von Über-/Fehldiagnostik nicht empfehlenswert, nur was sind die Alternativen? (19.3.18)
Wie häufig ist die Überversorgung mit nutzlosen oder schädlichen Leistungen und wie viel kostet das? Antworten aus WA und VA (USA) (4.2.18)
Mammografie-Screening: Häufige Überdiagnosen als gravierender Kollateralschaden (3.11.16)
Neues vom PSA-Screening Teil 2 von 2 - Früh erkannter Prostatakrebs: Komplikationen häufig bei aktiver Behandlung (27.10.16)
Neues vom PSA-Screening Teil 1 von 2 - Früh erkannter Prostatakrebs: Sterblichkeit gering ohne und mit Behandlung (27.10.16)
Diagnostische Variabilität der Biopsien von Brustgewebe je nach Art der Zellveränderung erheblich (22.3.16)
Rückgang der Inzidenz und Mortalität von Darmkrebs durch Vorsorgekoloskopie - Ja, mit kleinen Einschränkungen (4.3.16)
USA: Zu viele Früherkennungsuntersuchungen trotz guter Leitlinien (19.8.15)
Schäden von Krebsfrüherkennung 4 - Mit Sicherheit nutzlos, trotzdem verbreitet: Krebsfrüherkennung bei Alten und Kranken (19.2.15)
Schäden von Krebsfrüherkennung 3 - "Falscher Alarm" bei Brustkrebsfrüherkennung bewirkt psychische Langzeitschäden (19.2.15)
Schäden von Krebsfrüherkennung 2 - Quantität und Qualität der Studien zu psychischen Folgen von Krebsfrüherkennung unzulänglich (19.2.15)
Schäden von Krebsfrüherkennung 1 - Schäden werden nicht ausreichend erforscht (19.2.15)
Schäden von Krebsfrüherkennung - 4 neuere Studien (19.2.15)
Sicher nutzlos aber verbreitet: Krebsfrüherkennung bei Alten und Kranken (25.10.14)
16% oder 0,3% - Relativ oder absolut und was folgt daraus für das Screening von Lungenkrebs? (19.10.14)
"Wenn Sie so weiter machen, kriegen Sie wahrscheinlich ohne Statine bald einen Herzinfarkt …." oder Irrtum des Risikokalkulators!? (15.10.14)
Mammografie-Screening 3: Frauen schlecht informiert über Nutzen und Risiken (21.4.14)
Mammografie-Screening 2: Gynäkologen schlecht informiert über Nutzen und Risiken (20.4.14)
Mammografie-Screening 1: Nutzen fraglich, wenn dann bestenfalls gering (16.4.14)
Vorsicht "Bluttests": Über- und Fehlversorgung durch umfassende und wiederholte Leberfunktionstests (29.8.13)
Über-/Fehlversorgung mit Koloskopien für knapp ein Viertel der 70-jährigen und älteren US-BürgerInnen (15.3.13)
Wie viele Jahre müssen Darm- und Brustkrebs-Gescreente noch leben, um den Überlebensnutzen der Untersuchungen genießen zu können? (3.3.13)
"Hoch zufrieden" und als hilfreich geschätzt, nur womit und wofür? Mammografie-PR statt Argumente für informierte Teilnahme (19.2.13)
"Auf den Hund gekommen" - Medizinisch-animalisch-olfaktorischer Fortschritt beim Umgang mit nosokomialen Infektionen in Holland (23.12.12)
Gesundheitsuntersuchungen oder der Check-up-35 haben wahrscheinlich keinen Nutzen, erhöhen aber das Risiko von Überdiagnostik (18.10.12)
Krankheitsfrüherkennung von Eierstockkrebs - Ärzte missachten Evidenz (12.8.12)
Weniger operieren bei lokal begrenztem Prostatakarzinom (25.7.12)
PSA-Massenscreening "nein danke" oder allenfalls noch individualisierte Suche nach Prostatakarzinom-Prädiktor!? (7.6.12)
Die Mär vom "guten" Cholesterin: Ursachen und Prävention des Herzinfarkt-Risikos sind komplexer. (17.5.12)
Bis zu 10 Überdiagnosen auf einen durch Früherkennung verhinderten Tod an Brustkrebs (21.4.12)
15-Jahres-Intervall für Knochendichtemessung reicht bei 67+-jährigen nicht schon erkrankten Frauen zur Osteoporose-Prophylaxe aus (4.4.12)
PSA-Screening senkt auch nach 13 Jahren Beobachtungszeit nicht das Risiko an Prostatakrebs zu sterben (10.1.12)
US-Empfehlung: Schluss mit PSA-basiertem Prostatakrebs-Screening bei gesunden Männern! Deutsche Urologen: "zu drastisch"! (9.10.11)
Prävention koronarer Herzerkrankungen: Keine Evidenz für das Screening symptomfreier Erwachsener mit Ruhe- und Belastungs-EKGs (29.9.11)
Screening, Überdiagnostik und Überbehandlung: Anstieg der Brustentfernungen statt Abnahme nach Einführung von Brustkrebs-Screening (14.9.11)
Hausärzte in Brandenburg: Gesetzliche "Gesundheitsuntersuchung" nicht sinnvoll, außer mit IGeL-Zusatzleistungen (2.9.11)
Medizinisch-technischer Fortschritt: teuer, aber gut und nützlich!? Das Beispiel der softwaregestützten Analyse von Mammogrammen. (14.8.11)
40 Jahre "war on cancer", 20 Jahre "Prostate, Lung, Colorectal, and Ovarian Cancer Screening trial" und kein "Sieg" in Sicht! (11.6.11)
Bessere Entscheidungen durch evidenzbasierte Informationen zur Darmkrebsfrüherkennung (7.6.11)
Eierstockkrebs-Screening bringt nachweisbar Schaden durch nicht notwendige Operationen aber keinen Nutzen bei der Mortalität. (20.5.11)
Auch nach 20 Jahren: Kein signifikanter Nutzen des PSA-Tests zur Senkung des Risikos an Prostatakrebs zu versterben zu entdecken! (5.4.11)
"Der Mensch ist ein soziales Wesen" und zwar fast immer! Was hat dies mit erfolgloser Gesundheitsaufklärung zu tun? (5.11.10)
Verschwenderisch, nutzlos, inhuman: Warum erhalten todkranke Krebspatienten noch Untersuchungen zur Früherkennung? (3.11.10)
Neueste Daten zur Früherkennung von Prostatakrebs - keine Senkung der Sterblichkeit (1.10.10)
"Warten auf den medizinisch-technischen Fortschritt!?" Das Beispiel "Humane Genome Project" (23.6.10)
Falsch-positive Ergebnisse des Lungenkrebs-Screenings per CT und Bruströntgen samt sinnlosen Eingriffen höher als erwartet (9.5.10)
Früherkennung von Lungenkrebs mit Computertomographie: Risiken sicher, Nutzen nicht (24.4.10)
Brustkrebs-Früherkennung: doch effektiv? Wie unterschiedliche Studienergebnisse zu erklären sind. (20.4.10)
Wirksamkeit von Brustkrebs-Screening überaus fraglich (24.3.10)
Das "Behandlungs-Risiko-Paradox": Steigende Anzahl von Ultraschalluntersuchungen schwangerer kanadischer Frauen = höhere Risiken? (9.2.10)
Gibt es Überversorgung bei Screeningangeboten? Beim "Pap-Test" neigen amerikanische Ärzte sogar gewaltig dazu. (8.11.09)
Zu viel Medizin? Die Früherkennung von Prostatakrebs führt zu massenhafter Überdiagnostik und Übertherapie (12.9.09)
US-Studie zeigt: Machos gehen sehr viel seltener zur medizinischen Vorsorge-Untersuchung (20.8.09)
Nutzen von Krebsfrüherkennung wird von Patienten deutlich überschätzt, Deutsche besonders schlecht informiert (12.8.09)
Brustkrebs-Früherkennung durch Mammographie: Ein Drittel aller Karzinome ist harmlos und überdiagnostiziert (10.8.09)
Jeder sechste Niederländer hat schon medizinische Selbsttests gemacht zur Diagnose von Diabetes oder Cholesterin (21.4.09)
Schweiz: Nur 50% der Ärzte ist vom Nutzen des PSA-Tests überzeugt, aber 75% empfehlen ihn aus juristischen Erwägungen (23.3.09)
"Die Kernfrage ist nicht, ob das PSA-Screening effektiv ist, sondern ob es mehr nützt als schadet." - Neues und Widersprüchliches. (21.3.09)
US-Experten: Wenig bis keine Evidenz des Nutzens von Hautkrebs-Screening oder ärztlicher Beratung über Hautkrebsprävention (18.2.09)
Übergewicht und Adipositas wird auch bei Kindern und Jugendlichen von US-Ärzten viel zu oft übersehen (31.12.08)
Solide Basis für Beratung über Gebärmutterhalskrebs-Früherkennung (12.11.08)
Mammographie-Broschüre bemüht sich um ausgewogene Information (2.11.08)
Aktuelle Informationen zum Thema "Krebsfrüherkennung" per Email (6.9.2008)
Ausgewogene Informationen: Gemeinsamer Bundesausschuss verabschiedet Merkblatt zur Früherkennung auf Gebärmutterhalskrebs (4.9.2008)
Das Abtasten der Brust zur Krebsfrüherkennung senkt die Mortalität nicht. Cochrane-Studie sagt: "Nicht zu empfehlen" (16.7.2008)
Der Kylie-Effekt: Prominente können auch Schaden anrichten, wenn sie ihre Krankheit öffentlich machen (9.6.2008)
Früherkennung von Prostatakrebs durch den PSA-Test: Schaden ja, Nutzen nein (15.4.2008)
Primärprävention in der ärztlichen Praxis: Zumindest in deutschen Praxen wird Krankheitsvorbeugung klein geschrieben (14.3.2008)
Untersuchungen zur Früherkennung: Ein Drittel der Bevölkerung bezweifelt den klaren Nutzen (4.1.2008)
Brustkrebs-Diagnosen durch Mammographie: Die Treffsicherheit von Ärzten ist extrem unterschiedlich (16.12.2007)
Früherkennung von Prostatakrebs: Bessere Information von Patienten senkt die Teilnahmebereitschaft (17.10.2007)
Übergewicht: Eine bedeutsame Veränderungsbarriere ist auch die mangelhafte Diagnose und Therapieberatung durch Ärzte (26.8.2007)
Umfassende HPV-Impfung würde 200 Mio Euro kosten - Wissenschaftler erkennt bessere Möglichkeiten der Prävention (28.3.2007)
Eine Checkliste für die Gesundheit soll US-Amerikaner zu noch mehr Früherkennungs - Untersuchungen motivieren (22.3.2007)
Erzwungene Vorsorge-Untersuchungen bei Kindern zur Vermeidung häuslicher Gewalt sind der falsche Weg (4.2.2007)
Neue Studien schüren weiteren Zweifel am Nutzen des Mammographie-Screening (8.1.2007)
Der Unsinn der Bestrafung von Krebskranken bei Nichtinanspruchnahme von Früherkennungsuntersuchungen (11.12.2006)
Über- und Fehlversorgung beim PSA-Screening für ältere Männer (15.11.2006)
Früherkennungsuntersuchungen: Nicht-Teilnahme soll finanziell bestraft werden (30.10.2006)
Brustkrebs: EU fordert Staaten zu mehr Anstrengungen bei der Früherkennung auf (18.10.2005)

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Das "Behandlungs-Risiko-Paradox": Steigende Anzahl von Ultraschalluntersuchungen schwangerer kanadischer Frauen = höhere Risiken?

Artikel 1731 Eines der Vehikel der Medikalisierung, Pathologisierung und Risikoisierung von Schwangerschaft und Geburt sind die Ultraschalluntersuchungen der Schwangeren. In einer unheiligen Allianz neugieriger Eltern ("Babyfernsehen") und Ärzten, für die mittlerweile nach den Indikatoren des deutschen Mutterpasses 75% aller Schwangerschaften Risikoschwangerschaften sind und die Ultraschalluntersuchungen auch als Individuelle Gesundheitsleistung (IGeL) anbieten, nimmt die Anzahl dieser Untersuchungen auch hier zu Lande zu. Unklar bleibt bisher in Deutschland, ob die Zunahme nicht doch gerechtfertigt sein könnte, d.h. die so untersuchten Frauen vielleicht doch ein höheres Risiko haben und das Ganze daher Mutter und Kind zu gute kommt.

Etwas Licht in das Geschehen wirft jetzt eine in der neuesten Ausgabe des "Canadian Medical Association Journal (CMAJ)" vom 9. Februar 2010 veröffentlichte Untersuchung der Entwicklung in Kanada.
Für alle vorgeburtlichen Ultraschalluntersuchungen bei 1.399.389 Einzelgeburten zwischen 1996 und 2006 im Bundesstaat Ontario bzw. im "Ontario Health Insurance Plan" wurde die Rate der Untersuchungen pro 1.000 Schwangere berechnet. Außerdem wurde das relative Risiko eine solche Untersuchung zu erhalten für jedes Jahr berechnet. Das relative Risiko wurde für das Alter der Mutter, ihr Einkommen, die Wohngegend (Stadt/Land) mütterliche Komorbidität, dem Erhalt genetischer Beratungen und einer Fruchtwasserpunktion und nach den möglicherweise in früheren Schwangerschaften erlittenen Komplikationen adjustiert. Mittels mehrerer dieser Indikatoren wurden die Teilnehmerinnen der Studie als "high-risk"- oder "low-risk"-Personen klassifiziert.

Die Ergebnisse sahen u.a. so aus:

• Die Rate vorgeburtlicher Ultraschalluntersuchungen stieg von 2.055 Untersuchungen pro 1.000 Schwangerschaften im Jahr 1996 auf 3.264 in 2006 (adjustiertes relatives Risiko [RR] 1.55).
• Die Rate stieg sowohl bei Frauen mit niedrigem ( adj. RR 1.54) und hohem (adj. RR 1.55) Schwangerschaftsrisiko.
• Der Anteil der Schwangeren mit wenigstens vier Untersuchungen im zweiten und dritten Schwangerschaftsabschnitt stieg von 6,4% im Jahr 1996 auf 18,7% in 2006 (adjustiertes RR 2.68).
• Paradoxerweise war diese Zunahme mehr bei Frauen mit einer Niedrig-Risiko-Schwangerschaft (adj. RR 2.92) zu finden als bei Frauen mit einer Hochrisikoschwangerschaft (adj. RR 2.25).

Die kanadischen ForscherInnen hoben in ihrer Interpretation und Diskussion der Ergebnisse hervor, dass ein substantieller Anteil der Nutzung von Ultraschalldiagnostik in dem untersuchten Jahrzehnt nicht Änderungen im gesundheitlichen Risiko der werdenden Mütter reflektiert. Der größte Teil des Ultraschallgeschehens bei Schwangeren gehöre zu der wachsenden Menge von gesundheitsbezogenen Interventionen, die zwar meistens für Personen mit hohem Risiko von Nutzen sind, aber überwiegend Personen mit geringem Risiko angeboten werden.

Dieses so genannte "treatment-risk-paradox" ist u.a. auch im Arzneimittelbereich weit verbreitet.

Im Kontext der Ultraschalluntersuchungen verweisen die Autoren einerseits noch auf eine Reihe von nicht-klinischer anbieter- oder angebotsinduzierter Erklärungsfaktoren: "These factors may include the practice of defensive medicine, the desire to reassure a patient that her pregnancy is progressing normally, patient demand and even the "entertainment" value of seeing one's fetus."

Andererseits geben sie die Gefahr zu bedenken, dass durch die Untersuchung kein gesundheitlicher Nutzen entsteht, möglicherweise aber Schaden durch die kontrovers untersuchten Risiken der Diagnostik: "Although the benefits of prenatal ultrasonography in high-risk pregnancies may be clearer, the value of repeat ultrasonography in low-risk patients is not. Prenatal ultrasonography is widely regarded as safe. However, some studies have suggested that frequent prenatal ultrasonography may be associated with intrauterine growth restriction, delayed speech and non-righthandedness."

Alles in Allem wird eine wirksame und dauerhafte Änderung der Verhaltensweisen von Ärzten und mancher Erwartungen von Schwangeren dank der hier nur angerissenen Komplexität der möglichen Einflussfaktoren nicht einfach sein.

Der Aufsatz "Proliferation of prenatal ultrasonography" von John J. You, David A. Alter, Therese A. Stukel, Sarah D. McDonald, Andreas Laupacis, Ying Liu und Joel G. Ray ist in der kanadischen Medizin-Fachzeitschrift CMAJ (CMAJ (182[2]: 143-151) erschienen und komplett kostenlos zugänglich.

Bernard Braun, 9.2.10