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Selbstzahlerleistungen - Studie aus Kiel zeigt: fragwürdige Angebote sind weit verbreitet

Artikel 1594 Bei einem Arztbesuch in den letzten 12 Monaten haben 20,5% der gesetzlich krankenversicherten Patienten eine erwünschte Leistung nicht erhalten, 41,7% erhielten vom Arzt das Angebot für eine selbst zu zahlende Leistung, eine versagte Leistung wurde in 43,3% der Fälle sofort oder später als IGeL angeboten.

Dies sind Ergebnisse der Befragung einer repräsentativen Stichprobe Lübecker von Bürgern und Bürgerinnen der Städte Lübeck und Freiburg, die von Sozialmedizinern der Universität zu Lübeck durchgeführt wurde.

Als individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL) werden medizinische Leistungen bezeichnet, die die von den gesetzlichen Krankenkassen nicht finanziert werden und die daher von Patienten selbst bezahlt werden müssen. Wir berichteten mehrfach, u.a. IGeL-Markt wächst weiter an. Neben einigen sinnvollen Leistungen, wie Reiseimpfungen und Gesundheitszeugnissen, handelt es sich um Untersuchungen und Behandlungen, die wegen fehlendem Nutzennachweis nicht von der GKV übernommen werden.
Die meisten Patienten haben bereits Erfahrungen mit IGeL gemacht, insgesamt 53,2%, in den letzten 12 Monaten 41,7%. Erfahrungen mit Leistungsbegrenzungen geben 26,2% der Patienten an, in den letzten 12 Monaten 20,5%.

Der Anteil der Besucher, die ein Angebot für eine IGeL erhielten, lautet:
•Augenarzt 61,7%
•Gynäkologe 45,9%
•Urologe 24,2%
•Orthopäde 23,9%
•Hausarzt 14,5%.

Zu den häufig angebotenen Leistungen zählen Augeninnendruckmessung, Ultraschall, Krebsfrüherkennung, Laboruntersuchungen, alternative Heilmethoden, Knochendichtemessung sowie Vitaminspritzen und "Aufbauspritzen".

Als Leistungsbegrenzung wurden in dieser Studie Leistungen oder Verordnungen definiert, die Patienten von einem Arzt nicht erhalten hatten, obwohl sie sie subjektiv benötigt hätten. Versagte Leistungen betrafen im wesentlichen Heilmittel und Medikamente, seltener Rehabilitationsleistungen und Hilfsmittel. Orthopäden, Allgemeinmediziner, Augenärzte und Internisten versagen am häufigsten Leistungen. Als Begründung geben sie zumeist an, die würde die Kosten nicht mehr übernehmen (53,8%) bzw. das Budget sei erschöpft (27,3%). Verständnis für die Erklärung des Arztes brachten nur 25% der Patienten auf. In 43,3% boten die Ärzte die versagte Leistung als selbst zu bezahlende Leistung an, zumeist noch im selben Gespräch.

Diese sorgfältig konzipierte Studie bestätigt die weite Verbreitung von Selbstzahlerleistungen, wie sie bereits aus den Studien des Wissenschaftlichen Instituts der Ortskrankenkassen bekannt ist. Ärzte bieten vor allem Leistungen an, die einen präventiven Anstrich jedoch keinen belegten Nutzen und somit ein negatives Verhältnis von Nutzen und Schaden haben. Neu ist das Wissen um die Gleichzeitigkeit von Leistungsversagung und Angebot als Selbstzahlerleistung sowie das fehlende Vertrauen in die Erklärungen des Arztes. Aus der WidO-Untersuchung ist bekannt, dass immerhin jeder dritte Befragte angibt, das Angebot von selbst zu zahlenden Leistungen verschlechtere das Verhältnis zum Arzt. Diese Studie hatte auch gezeigt, dass Ärzte die Selbstzahlerleistungen vorzugsweise ihren zahlungskräftigen Patienten anbieten.

Die ärztlichen Körperschaften haben die Problematik von IGeL durchaus erkannt. Eine gemeinsame Patientenbroschüre von Bundesärztekammer und Kassenärztlicher Bundesvereinigung, gemeinsam erstellt mit dem Deutschen Netzwerk Evidenzbasierte Medizin, gibt dem Patienten zumindest die Möglichkeit, die richtigen Fragen zu stellen, wenn es um IGeL geht. Beantwortet der IGeL-anbietende Arzt die Fragen wahrheitsgemäß, dürften nicht viele vom Patienten als lohnend erachtete Leistungen übrig bleiben.

Richter S, Rehder H, Raspe H. Individuelle Gesundheitsleistungen und Leistungsbegrenzungen: Erfahrungen GKV-Versicherter in Arztpraxen. Deutsches Ärzteblatt, 26.6.2009

SELBST ZAHLEN? Individuelle Gesundheits-Leistungen (IGeL) - ein Ratgeber für Patientinnen und Patienten. März 2009. Herausgegeben von Bundesärztekammer und Kassenärztliche Bundesvereinigung in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Netzwerk Evidenzbasierte Medizin e.V. (Hrsg.).

David Klemperer, 1.7.09