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Epidemiologie
Übergewicht, Adipositas


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Prävalenz von Übergewichtigkeit und Fettsucht bei US-Kindern und Erwachsenen 1999-2008: Eher relative Stabilität als Explosion

Artikel 1715 "Immer mehr "Amerikaner" (US-Kinder, Jugendliche und Erwachsene) sind übergewichtig oder fettsüchtig und ihr Anteil nimmt in den letzten Jahren kontinuierlich und rasch zu!!!!!" Dieser Satz fände vermutlich in fast jeder Laien- und Expertenrunde spontane Zustimmung.
Dass dies gar nicht so zustimmungsfähig und jedenfalls wesentlich differenziert ist, zeigen jetzt zwei im US-Fachjournal JAMA veröffentlichten Studien über Prävalenz und Trends von Obesity und einigen mit ihr assoziierten Indikatoren bei jugendlichen und erwachsenen US-Amerikanern in den Jahren 1999-2008 bzw. den Jahren 2007 und 2008.

Die Datenbasis war der "National Health and Nutrition Examination Survey (NHANES)", in dem eine repräsentative Stichprobe der US-Bevölkerung regelmäßig nach ihrer Körpergröße und ihrem Gewicht gefragt werden. Verglichen wurden in beiden Studien Daten, die für den Zeitraum 1999 bis 2006 erhoben wurden mit Daten der Jahre 2007-08. Der Indikator für die Prävalenz von Übergewicht war ein Body Mass Index (BMI) von 25,0 bis 29,9 und für Fettsucht ein BMI von 30,0 oder höher. Unbestritten und vielfach u.a. durch die Daten des NHANES belegt ist, dass die Obesity-Prävalenz von 1976 bis 2000 in mehreren Schüben anstieg.

Aus den Daten von 5.555 Befragten erwachsenen, d.h. 20 Jahre alten und älteren US-BürgerInnen (bis 74 Jahre) ergibt sich zunächst ein beträchtlicher Anteil, der übergewichtig und vor allem fettsüchtig ist: 2007-2008 waren altersadjustiert insgesamt 33,8% der erwachsenen US-Amerikaner fettsüchtig. 32,2% der Männer und 35,5% der Frauen. In derselben Abfolge waren 68%, 72,3% und 64,1% übergewichtig oder fettsüchtig. Zu den Geschlechtsunterschieden kommen außerdem beträchtliche Unterschiede nach Rasse, ethnischer Zugehörigkeit und Alter. Auch ohne dass dies aus den Analysen der NHANES-Daten hervorgeht, kann man ähnlich gravierende Unterschiede auch zwischen den Angehörigen unterschiedlicher sozialer Schichten als gegeben ansehen.

Interessant ist danach aber die Untersuchung der Entwicklung von Übergewicht und Fettsucht in der Zeit, d.h. zwischen 1999/2000 und 2007/2008. Hier ergibt sich folgendes Bild:

• Sowohl bei Männern als bei Frauen gibt es in multivariaten, nach Alter, Ethnie und Rasse adjustierten Analysen keinen über die gesamte Zeit linearen und/oder statistisch signifikanten Trend.
• Bei Männern gibt es immerhin für den gesamten Zeitraum einen signifikanten linearen Trend, der aber bei differenzierterer Betrachtung ab 2003 nicht mehr existiert.
• Für die Gesamtheit der US-Frauen gibt es für diesen 10-Jahreszeitraum keinerlei statistisch signifikanten Unterschiede und folglich auch keinen signifikanten Trend. Dies schließt nicht aus, dass es auch bei Frauen Alters- oder Untergruppen nach Rasse oder Ethnie gibt, deren Gewichtsrisiko signifikant zunimmt.
• Die Fettsucht-Prävalenz erwachsener US-Amerikaner wuchs in den beiden davor liegenden 10-Jahreszeiträumen jeweils um rund 7 bis 8 Prozentpunkte. Im aktuellen Zeitraum wuchs dagegen die Prävalenz nur noch um 4,7 Prozentpunkte für Männer (signifikant) und 2,1 Prozentpunkte (nicht signifikant) für Frauen.
• "These data suggest that the increases in the prevalence of obesity previously observed between 1976-1980 and 1988-1994 and between 1988-1994 and 1999-2000 may not be continuing at a similar level over the period 1999-2008, particularly forwomen but possibly for men." Und die Daten legen den Schluss nahe, dass "the prevalence may have entered another period of relative stability, perhaps with small increases in obesity".

Nach Kenntnis dieser differenzierten Verhältnisse und vor allem ihrer Dynamik liegt die Frage nahe, ob die materielle Basis für die Zustimmung zur eingangs zitierten Trendaussage dann eben bei den unter 20-Jährigen US-Amerikanern zu finden ist.

Die Ergebnisse der auch mit Daten des NHANES durchgeführten Analyse des Niveaus und des Trends beim Übergewicht und der Fettsucht von 3.281 Kindern und Heranwachsenden im Alter von 2 bis 19 Jahren und 719 Kindern bzw. Kleinkindern von der Geburt bis zum zweiten Lebensjahr sehen so aus:

• Mit mehreren an die Gewichtsbedingungen von Kindern und Jugendlichen angepassten Indikatoren sind je nach Subgruppe bereits zwischen 9 und 32 % übergewichtig und/oder gar bereits fettsüchtig.
• Mit Ausnahme der schwersten Gruppe der 6- bis 19-jährigen männlichen Kinder und Jugendlichen gab es zwischen 1999 und 2008 bei keinem der gewählten Indikatoren und weder bei Jungs noch bei Mädchen einen statistisch signifikanten linearen Trend.

Die beiden Wissenschaftler-Teams halten trotz zahlreicher selbst eingeräumter Grenzen der Datenbasis ihrer Analysen an der Richtigkeit ihrer Trendanalysen fest. Ganz nebenbei relativieren sie schließlich noch die Brisanz der richtigen Beobachtung, die Prävalenz von Diabetes habe innerhalb der Zeiträume zugenommen und dahinter stecke doch der Übergewichtstrend. Hinter dem Gesamttrend stecken nur relativ wenige Subgruppen, deren Prävalenz erheblich zunahm und nicht ein Trend für sämtliche BürgerInnen.

Diese Analysen lassen eine Menge heißer Luft und selbsteinschüchternder Hoffnungslosigkeit vor scheinbar unaufhaltsamen Trends entweichen. Damit wird das Problem Übergewicht und Fettsucht keineswegs kleingeredet, sondern lediglich Raum für realistische und Erfolg versprechende Überlegungen zur Prävention des immer noch sehr hohen Problemniveaus geschaffen.

Insofern ist auch dem zusätzlich in dieser JAMA-Ausgabe veröffentlichten Kommentar des Bostoner Public Health-Experten J. Michael Gaziano zuzustimmen: "But even if these trends can be maintained, 68 percent of U.S. adults are overweight or obese, and almost 32 percent of school-aged U.S. children and adolescents are at or above the 85th percentile of BMI for age. Given the risk of obesity-related major health problems, a massive public health campaign to raise awareness about the effects of overweight and obesity is necessary. Such campaigns have been successful in communicating the dangers of smoking, hypertension, and dyslipidemia; educating physicians, other clinicians, and the public has yielded significant returns. Major research initiatives are needed to identify better management and treatment options. The longer the delay in taking aggressive action, the higher the likelihood that the significant progress achieved in decreasing chronic disease rates during the last 40 years will be negated, possibly even with a decrease in life expectancy."

Der Aufsatz "Prevalence and Trends in Obesity Among US Adults, 1999-2008" von Katherine M. Flegal; Margaret D. Carroll; Cynthia L. Ogden und Lester R. Curtin ist in JAMA vom 13. Januar 2010 online publiziert worden (2010;303 (3) doi:10.1001/jama.2009.2014) und komplett kostenlos erhältlich.
Der Aufsatz "Prevalence of High Body Mass Index in US Children and Adolescents, 2007-2008" von Cynthia L. Ogden, Margaret D. Carroll, Lester R. Curtin, Molly M. Lamb und Katherine M. Flegal ist in derselben Ausgabe des JAMA (doi:10.1001/jama.2009.2012) erschienen - kostenlos ist aber nur das Abstract erhältlich.
Den Kommentar "Fifth Phase of the Epidemiologic Transition: The Age of Obesity and Inactivity" von J. Michael Gaziano (JAMA. 2010;303(3):275-276) gibt es kostenlos leider nur in der Version mit den ersten 150 Worten.

Bernard Braun, 20.1.10