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Mehr Transparenz über verordnete und gekaufte Medikamente für PatientInnen und ÄrztInnen durch Medikationsplan!? Ja, aber….

Artikel 2584 Seit vielen Jahren weisen ExpertInnen auf die möglichen unerwünschten gesundheitlichen Folgen der gleichzeitigen Verordnung und Einnahme von Arzneimitteln durch verschiedene, über die Parallelverordnungen uninformierten Ärzte und die nicht geringe Anzahl von nicht rezeptpflichtigen von den PatientInnen in der Apotheke gekauften so genannten "Over-the-counter (OTC)"-Arzneimittel hin. Die für Ärzte aber auch PatientInnen herrschende Intransparenz erklärt einen Teil der Wechselwirkungen, der Wirkungsblockaden oder auch der Noncompliance mit deren oft auch ebenfalls erheblichen Folgen für PatientInnen und Ärzte. So dürfte hinter der in Deutschland immer noch überdurchschnittlich großen Anzahl von Patient-Arzt-Kontakten zum Teil gesundheitliche Beschwerden stecken, die durch diese Verordnungswirklichkeit verursacht wurden. Über diese die gebotene Transparenz herzustellen gehörte daher viele Jahre in jeden gesundheits- oder versorgungspolitischen Themenkatalog.

Seit dem 1. Oktober 2016 gibt es nun für GKV-Versicherte, wenn sie mindestens 3 oder mehr unterschiedliche ärztlich verordnete, Arzneimittel einnehmen oder anwenden nach § 31a SGB V den gesetzlichen Anspruch auf einen bundeseinheitlichen schriftlichen und evtl. künftig auch elektronischen Medikationsplan. Die Ausstellung und Pflege des Medikationsplans erhalten die ausstellenden Ärzte auch extrabudgetär vergütet.

Ob und wie der Medikationsplan im ersten Jahr seiner Existenz funktioniert, wollte die Handeskrankenkasse (hkk) in Bremen genauer wissen und befragte schriftlich 1.000 ihrer Versicherten, die zumindestens in einem Quartal, dem letzten Quartal 2016, nach den Routinedaten über die Arzneimittelverordnungen die Kriterien für die Ausstellung eines Plans erfüllt hatten. 324 Versicherte, ein angesichts der qualitativen Zusammensetzung der ArzneimittelkonsumentInnen guter Anteil, antworteten.

Die Ergebnisse waren überwiegend ernüchternd und zeigen ein weiteres Mal, dass selbst gut gemeinte und von allen Akteuren seit Jahren geforderte Instrumente und Interventionen ohne zusätzliche Unterstützung bei der Implementation nicht oder nur sehr schleppend funktionieren.

Die wichtigsten Ergebnisse lauten

• Nur 37,7 % der Versicherten, die den Anspruch und Bedarf für einen Medikationsplan gehabt hätten, haben ihn auch erhalten.
• Ein Viertel der Befragten mit Medikationsplan hat eine ausreichende Erklärung zum Sinn des Planes entweder gar nicht oder nur mit Einschränkungen erhalten.
• Mit knapp 21 % der Befragten sprachen die den Medikationsplan ausstellenden Ärzte nicht über den Nutzen und die Einnahme der verordneten Medikamente.
• 51,6 % aller Befragten mit Medikationsplan wurden nicht gefragt, ob sie sich zusätzlich rezeptfreie Arzneimittel in der Apotheke gekauft haben.
• 43 % aller Befragten mit Medikationsplan wurden nicht darauf hingewiesen, den Plan auch beim Besuch anderer Ärzte mitzunehmen und ggfls. ergänzen zu lassen.
• 32,5 % der Befragten, die auch von anderen Ärzten als dem Ersteller des Medikationsplans Medikamente verordnet bekamen, wurden von diesen nicht nach dem Medikationsplan gefragt.
• Sofern der Medikationsplan bei diesen Arztkontakten überhaupt eine Rolle spielte, wurde er ohne genauere Erklärung bei 14,3 % dieser Befragten nicht ergänzt.

Der Verfasser der Studie, der Bremer Gesundheitswissenschaftler Dr. Bernard Braun (Bremer Institut für Arbeitsschutz und Gesundheitsforschung - BIAG und SOCIUM der Universität Bremen) stellt zu den konzeptionellen Mängeln und Umsetzungsschwächen schließlich noch folgendes fest:

• Angesichts einer Reihe von Unterschieden zwischen den offiziell im SGB V und in der dreiseitigen Vereinbarung zwischen Kassenärztlicher Bundesvereinigung der Bundesärztekammer Arbeitsgemeinschaft der Deutschen Ärztekammern und dem Deutschen Apothekerverband festgelegten Kriterien für die Erstellung eines Medikationsplans und den in Darstellungen z.B. der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) genannten Kriterien, sollte untersucht werden welche Kriterien bei den Ärzten "angekommen" sind und für Entscheidungen über die Erstellung eines Medikationsplans genutzt werden und möglicherweise die Erstellung von Medikationsplänen verhindern. In einem Pretest des Fragebogens erwähnten dort Befragte Ärzte, die offensichtlich weder ihren Nutzen noch den des Patienten kannten oder kommunizierten. Einige Ärzte hattren aber auch bereits vor der gesetzlichen Regelund handgestrickte Übersichten erstellt und ausgehändigt.
• Obwohl z.B. in der dreiseitigen Vereinbarung zum Teil bis auf den Millimeter genau die Höhe und Breite von Zeilen oder die Größe von Zeichen geregelt wird, existieren dort wo es um Inhalte des Medikationsplan geht häufig nur vage und Willkür fördernde Bemerkungen wie "in der Regel" oder "sofern möglich", die einen breiten Gestaltungsspielraum ermöglichen, der sich mehr oder weniger negativ auf den für Patienten erfahrbaren Nutzen einer möglichst vollständigen Übersicht über ihre rezeptpflichtige und rezeptfreie medikamentöse Behandlung auswirken kann. Unklar oder zu schwammig bleibt außerdem ob und wie sich Ärzte durch Nachfragen bei Patienten denen sie selber ein oder mehrere Arzneimittel verordnen, darüber informieren müssen, ob derselbe Patient nicht bereits von anderen Ärzten Arzneimittel unter der 3-Arzneimittelgrenze erhalten hat und damit zusammen diese Grenze überschritten wird. Eine Reihe dieser Bestimmungen sollte daher präzisiert und verpflichtend gemacht werden.
• Abgesehen davon, ob wirklich ab dem 1. Januar 2019 die technischen und datenschutzrechtlichen Voraussetzungen geschaffen oder gesichert sind, um zusätzlich zum schriftlichen einen elektronischen Medikationsplan auf der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) zu dokumentieren, sollte generell geklärt werden, ob damit nicht für große Teile der PatientInnen die schon mit der schriftlichen Form nicht einfach zu gewinnende Übersicht über ihren Arzneimittelkonsum massiv be- oder gar mangels einfacher Lesbarkeit der eGK sogar verhindert wird.
• Aber selbst für den schriftlichen Medikationsplan gilt nach Kenntnis der akribisch auf 97 Seiten einer Anlage zur bereits erwähnten Vereinbarung festgehaltenen Vorschriften zu den zu dokumentierenden Daten und zur Formatierung der Plandaten sowie des Aussehens des Plans, dass lesbare und wirksame Dokumente für "normale" NutzerInnen anders aussehen sollten. Die oft geäußerte Kritik am Layout der Qualitätsberichte von Krankenhäusern und die dort gemachten Verbesserungsvorschläge, sind bei der Konzipierung des Medikationsplans völlig ignoriert worden.

In jedem Fall sollten sich alle Beteiligten überlegen was sie tun können die gesetzlichen Vorgaben umzusetzen. Regelmäßige Kontrollen sind dabei sicherlich hilfreich.

Der hkk-Report Medikationsplan 2017 umfasst 18 Seiten und ist komplett kostenlos abrufbar.

Bernard Braun, 26.10.17