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Allzu patente Kurzfragebögen sind für die Entdeckung, Behandlung und den Behandlungserfolg von Depressionen nutzlos
Wer träumt nicht manchmal von einem unaufwändigen, einfach einzusetzenden und dann auch noch hochwirksamen Instrument, um Krankheitsrisiken identifizieren und quantifizieren zu können und zum krönenden Schluss auch noch erfolgreiche Lösungen erreichen zu können!?
In den Fußspuren des Kurzfragebogens zur Lebensqualität SF ("short form")36 oder dessen noch kürzere Variante dem SF 12 gibt es mittlerweile 6 Fragen-Fragebögen mit denen jeder Arzt fast nebenbei das Depressionsrisiko seiner PatientInnen eingrenzen können soll.
So verständlich das Interesse von ForscherInnen und PraktikerInnen im Gesundheitswesen an verständlichen, kurzen, preisgünstigeren und bei den Befragten akzeptierten Frageinstrumenten auch ist, so wichtig ist die Frage, ob damit wirklich noch die genannten Ziele erreicht werden oder der Anteil von Fehlmessungen kritisch hoch ist.
Damit beschäftigten sich nun in der neuesten Ausgabe des "Canadian Medical Association Journal (CMAJ)" (2008; 8. April: 178-186) die britischen Wissenschaftler Simon Gilbody, Trevor Sheldon und Allan House am Beispiel von Screening- und Fallidentifizierungs-Instrumenten für Depressionen in der normalen, d.h. nicht psychiatrisch spezialisierten ärztlichen Versorgung.
Dieser Fokus ist deshalb wichtig, weil bei einer bekannten Prävalenz von 5-10% depressiv Erkrankter in der Bevölkerung ungefähr die Hälfte dieser Fälle in der primärärztlichen ambulanten Praxis oder in Allgemeinversorgungs-Krankenhäusern übersehen werden und dann meist nur mit erheblicher Verzögerung behandelt werden.
Dazu führten sie einen systematischen Cochrane-Review der randomisierten kontrollierten Studien durch, in denen "case-finding or screening instruments for depression" auf ihre Wirksamkeit bei der Entdeckung, dem Management und den Ergebnissen für Patienten mit Depressionen hin untersucht wurden. Dies waren 16 Studien mit insgesamt 7.576 Patienten.
Die Ergebnisse sind für diejenigen Akteure welche sich allein vom Einsatz derartiger Instrumente positive Wirkungen erhoffen, desillusionierend: "If used alone, case-finding or screening questionnaires for depression appear to have litle or no impact on the detection and management of depression by clinicians. Recommendations to adopt screening strategiesa using standardized questionnaires without organizational enhancements are not justified."
Als Beispiel für Wirkungen auf das Management der Depression wurde die Verordnung von antidepressiven Medikamenten betrachtet und nicht zuletzt wurde in 7 Studien auch untersucht, ob der Einsatz derartiger Instrumente Auswirkungen auf das Ergebnis der Behandlung von Depressionen gehabt hat. Auch hier: Fehlanzeige.
Wie bereits angedeutet, steigt die Wahrscheinlichkeit einer positiven Wirkung von Screeninginstrumenten, je spezifischer sie sind, je weniger individuellen Rechenaufwand damit gewonnene Informationen vom Arzt verlangen und je mehr sie in komplexere Diagnose- und Therapiekonzepte eingebunden sind. Dazu zählen beispielsweise aktive Unterstützung durch einen Case Manager, individualisierte Behandlungsalgorithmen oder regelmäßige Konsultation mit einem Psychologen oder Psychiater.
Der Aufsatz "Screening and case-finding instruments for depression: a meta-analysis" lässt von der CMAJ-Homepage komplett und kostenfrei herunterladen.
Bernard Braun, 10.4.2008