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Wenig Wissen über Radiologen, mehr Kontakte gewünscht aber hochzufrieden - "Blindes Arzt-Vertrauen" oder "health illiteracy"?

Artikel 1954 75% der dazu befragten 1.001 Bürgern waren schon einmal Patient bei einem Radiologen, nur 18% hatten Angst vor Strahlung bei einer radiologischen Untersuchung, 94% halten die Radiologie für wichtig oder sehr wichtig und 70% waren mit ihrem Radiologen zufrieden oder gar sehr zufrieden - aber nur 37% derselben Personen wussten auf Befragen, dass Radiologen Röntgenaufnahmen erstellen und noch viel weniger von ihnen wussten, was diese Fachärzte sonst noch leisten. 66% aller Befragten gaben aber unabhängig davon an, sie hätten ein hohes oder sehr hohes Interesse an medizinischen Themen.

Dies sind die paradoxen Ergebnisse einer von der Deutschen Röntgengesellschaft in Auftrag gegebenen, im Herbst 2010 durchgeführten und jetzt veröffentlichten repräsentativen telefonischen Bevölkerungsumfrage.

Auch weitere Teilergebnisse der Befragung lassen eher Verwunderung und Zweifel über die insgesamt hohe Zufriedenheit zurück als klare Erkenntnisse: So wünschen sich 69% der Befragten beispielsweise eine bessere Aufklärung hinsichtlich der Risiken der Untersuchung und 67% wünschen sich dies auch hinsichtlich des Nutzens der Untersuchung. 83 % gaben an, dass ihnen beim Besuch des Radiologen, als einem Facharzt mit "Technik-Image" das Arzt-Patienten- Gespräch wichtig sei. Nur 39 % der Befragten, die schon einmal beim Radiologen waren, gaben aber an, dass dieser den Befund mit ihnen besprochen hätte. Diese Besprechungen erfolgten dagegen bei 47% der privat Versicherten.

Ähnlich hin- und hergerissen wirken die Befragten auch beim Thema Nukearmedizin und Strahlentherapie: Einerseits ist die Strahlentherapie in hohem Maße akzeptiert. 75 % und mehr der Befragten halten die Strahlentherapie für eine wichtige Behandlungsoption bei Krebserkrankungen, 74 % halten den Einsatz der Strahlentherapie für die Heilung vieler Tumoren für unverzichtbar. Trotzdem würden 37 % der Befragten einem Freund/Familienangehörigen eine medizinisch indizierte Strahlentherapie nur mit Bedenken empfehlen und lediglich 35 % würden keine Bedenken äußern. Woran dies liegen könnte zeigen die Antworten auf die Frage, welche Gefühle bei der Nutzung von Strahlung in der Medizin überwiegen würden. 51 % der Befragten sagten, dass der therapeutische Nutzen überwiegen würde; 42 % gaben aber an, dass die Angst vor Nebenwirkung oder Spätfolgen der Strahlentherapie überwiegen würde.

Hier bestätigt sich zum Teil die in den Befragungen des "Gesundheitsmonitors" der Bertelsmann Stiftung in früheren Befragungswellen zum Vertrauen in die Ärzte und zu einer Reihe ihrer Eigenschaften und Tätigkeiten wiederholt identifizierte eigenartige Diskrepanz zwischen hohem Vertrauen in "den" Arzt und erheblich vermindertem Vertrauen in nahezu alle Tätigkeiten derselben Ärzte.

Neu und unerwartet ist, dass derartig wenige Personen mit dem selbst berichteten Interesse an und der Erfahrung mit dem medizinischen Bereich so wenig spezifische Kenntnisse haben, was denn der "Radiologe" zu dem sie ihr Hausarzt überweist, eigentlich konkret macht. Wenn die Erklärung nicht eine rein sprachliches Unverständnis der Fachbezeichnung Radiologe, also ein Befragungsfehler ist, gibt es in der Befragung auch einige Hinweise, was für PatientInnen jenseits von genauen Kenntnissen über die Tätigkeit des Arztes und seiner Aufklärungsleistungen bei Beurteilungen von Ärzten wichtig ist: Die schmerzlose Untersuchung durch Apparate und natürlich fachkundiges Personal!

Weitere Untersuchungen müssten klären, auf welcher kognitiven, emotionalen und verhaltensmäßigen Grundlage Patienten sich bei der Suche und Bewertung von Ärzten bewegen und ob die Annahmen über die dominant rational bestimmte subjektive Basis stimmen, von der die immer zahlreicher werdenden Informations- und Entscheidungshilfe-Angebote Patienten "abholen" wollen.
Fachgesellschaftliche Quintessenzen der Art, dass "die Radiologie (die strahlenden Fächer) als ärztliche Disziplinen wahrgenommen und hoch geschätzt (werden) oder dass "die Apparatemedizin positiv belegt" ist und "als sinnvoll erachtet" wird, machen es sich zu einfach.

Sowohl die Kurzfassung der Präsentation als auch die etwas längere Langfassung gibt es kostenlos. Auf 110 Seiten eines ebenfalls kostenlos erhältlichen Tabellenbandes findet der Interessierte noch eine Fülle von detaillierteren Informationen zum Thema und Ansatzpunkte für die weitere Beschäftigung mit dem Thema.

Zur weiteren Irritation über scheinbar gesicherte Wissensbestände zur ambulanten Versorgung tragen einige Daten auch noch bei: So geben die Befragten ähnlich wie in einigen anderen Befragungsstudien als Anzahl aller Arztbesuche in den letzten Monaten 6 und nicht die immer wieder aus Routinedaten einer einzigen Krankenkasse ausgezählten, geschätzten und heftig kommunizierten 18 Besuche.

Bernard Braun, 3.6.11