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Patienten
Versorgungsforschung: Diabetes, Bluthochdruck


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"Erfreuliches" über Ungleichheit: Ärztinnen behandeln DiabetikerInnen besser

Artikel 1206 Dass Frauen im Gesundheitsversorgungssystem anders und teilweise schlechter behandelt werden, ist mittlerweile durch mehrere Untersuchungen*** belegt und die dadurch vorhandenen höheren Risiken sind beispielsweise in der Herzinfarktbehandlung bekannt. Weniger oder gar nicht bekannt war noch bis vor kurzem, dass Frauen, wenn sie als Ärztinnen auf der anderen Seite des Behandlungsschreibtischs sitzen, sich in ihrer Handlungsweise auch von ihren männlichen Kollege unterscheiden, und zwar positiv zu Gunsten ihrer PatientInnen.

Dies genau ist nun auch das Ergebnis einer an der Medizinischen Klinik II der Universität Köln durchgeführten Querschnittsanalyse der Behandlung und ihrer Ergebnisse bei 51.053 ambulanten Diabetes Typ2-PatientInnen, die jetzt als OnlineEarly Article des "Journal of Internal Medicine" veröffentlicht wurden. Diese PatientInnen waren zu 48,6% männlich und wurden von 3.096 niedergelassenen ÄrztInnen behandelt. Von diesen waren wiederum 66,3% Männer.

Zu den wesentlichen, statistisch meist hochsignifikanten Behandlungsunterschieden gehörte:

• Ärztinnen setzen die wissenschaftlichen Leitlinien zur Behandlung von Diabetikern konsequenter um als ihre männlichen Kollegen. So erhielten ihre PatientInnen beispielsweise eher eine leitliniengerechte Bluthochdruckbehandlung.
• Die Patienten von Ärztinnen, gleichgültig ob die Behandelten Männer oder Frauen waren, erreichten im Durchschnitt bessere Werte bei den Risikofaktoren Blutzuckerspiegel (HbA1c < 6,5%) (OR=1,14; P=0.002) Bluthochdruck (Odds Ratio: 1,11; p=0.002) und Cholesterin (OR=1,16; P=0.002). Sie erhielten häufiger Diabetikerschulungen und kamen mit weniger Diabetesmedikamenten (OR=0,88; P=0.001) aus.

Über die Gründe und Faktoren, die diese Unterschiede in der Behandlungsqualität verursachen und beeinflussen, liefert die Studie keine abschließenden oder hinreichenden Hinweise. Die Kölner WissenschaftlerInnen vermuten aber, dass die bei Frauen oft ausgeprägteren "weichen" Fähigkeiten zu einer kooperativen ärztlichen Betreuung und damit verknüpften Fähigkeiten der Gesprächsführung und Motivationstechnik führen und eine zentrale Rolle bei der Behandlungsqualität spielen. Diese Interpretation wird auch durch Ergebnisse anderer Studien nahegelegt (vgl. "Der Frauenanteil unter den Ärzten steigt: Ist dadurch die 'sprechende Medizin' im Kommen?").

Ausgeschlossen wird dabei auch nicht die Überlegung bzw. Vermutung, dass bestimmte änderungswillige und selbst kooperative PatientInnen bevorzugt Ärztinnen aufsuchen, weil sie von sich aus das Gefühl haben, dort z. B. eher zu Worte zu kommen und nicht in einer technisch-operativen Weise versorgt zu werden. Für diese Vermutung sprechen auch einige Charakteristika der von Ärztinnen behandelten PatientInnen: Dort waren mehr Frauen in Behandlung, die älter waren, ein höheres Übergewicht hatten und auch öfter artheriosklerotische Erkrankungen aufwiesen. Zum Beleg der Vermutung müsste aber noch mehr über die Einstellungen und Behandlungserwartungen dieser Kranken bekannt sein.

Spannend ist es in der weiteren Versorgungsforschung der Frage nachzugehen, ob derartige messbare Behandlungsqualitätsunterschiede zwischen Ärzten und Ärztinnen auch bei anderen Erkrankten auftreten und dort von Anfang gezielter auf Einflussfaktoren zu achten.

Ein Abstract des Aufsatzes von H. K. Berthold, I. Gouni-Berthold, K. P. Bestehorn, M. Böhm und W. Krone "Physician gender is associated with the quality of type 2 diabetes care" (doi:10.1111/j.1365-2796.2008.01967.x) im "Journal of Internal Medicine" ist kostenlos erhältlich.

*** vgl. als guten Überblick darüber und viele andere Ungleichheitphänomene das Buch "Der blinde Fleck. Ungleichheiten in der Gesundheitsversorgung" von Karin Tiesmeyer, Michaela Brause und Meike Lierse. 2007, Huber-Verlag, 19,95 €

Bernard Braun, 18.4.2008