Home | Patienten | Gesundheitssystem | International | GKV | Prävention | Epidemiologie | Websites | Meilensteine | Impressum

Sitemap erstellen RSS-Feed

RSS-Feed
abonnieren


Weitere Artikel aus der Rubrik
Prävention
andere Themen


Evidenz jenseits von Medizin und Pharmazie: Häufige soziale Kontakte mit Freunden im mittleren Lebensalter senken Demenzrisiko (5.8.19)
Handhygiene in Kliniken: "probably slightly reduces infection…and colonisation rates" aber "based moderate certainty of evidence" (13.9.17)
Zwischen unter 20% bis 70%: Unterschiede der durch Verhaltensmodifikationen beeinflussbaren Krebsinzidenz und Mortalität (23.5.16)
"Die Studie zum Sonntag" - Frauen, die mehr als 1x pro Woche in einen Gottesdienst gehen, leben länger und gesünder (22.5.16)
Prävention für Kinder okay, aber müssen sie dafür unbedingt "krankgeforscht" werden? (28.4.16)
Gesundheit durch Impfen - Der unbeirrbare Glaube an biomedizinische Lösungen (29.2.16)
Korruption sowie private Finanzierung von Gesundheitsleistungen - wichtigste Ursachen für zunehmende Antibiotikaresistenzen (30.3.15)
Bedeutung der Therapietreue für den Behandlungserfolg weiter unbestritten (17.2.14)
"Zu den gesundheitlichen Folgen weiterer Kriegseinsätze in aller Welt fragen Sie bereits heute Ihre amerikanischen Waffenbrüder" (13.2.14)
WHO-Krebsforschungszentrum: Luftverschmutzung ist mit ausreichender Evidenz "a leading environmental cause of cancer deaths" (18.10.13)
Ein erhellender Nachtrag: Warum gibt es wenig Transparenz über die Folgen der Freiheit des Waffenbesitzes in den USA ?! (9.3.13)
USA: Risiko zu Hause ermordet zu werden oder sich selber umzubringen in Schusswaffen-Haushalten höher als in waffenfreien. (26.2.13)
Wie handlungsanregend sind zusätzlich 0,008 QALY's/Kopf/Leben oder wie überzeugt man Nicht-Ökonomen von Gesundheitsprogrammnutzen? (24.2.13)
Sturzrisiko von älteren Menschen: häufig, aber nicht einfach zu verhindern (27.6.12)
Ehrenamtliche Tätigkeit im höheren Alter fördert soziale Kontakte und subjektives Wohlbefinden (16.6.12)
Dekubitusprophylaxe für ältere Patienten muss bei den wenigen Stunden auf Tragbahren in Notfallambulanzen anfangen, und lohnt sich (14.12.11)
96,4% des in NRW untersuchten Mastgeflügels mit Antibiotika behandelt. Nie erfolgte dies in Kleinbetrieben mit längerer Mastdauer. (16.11.11)
Ein Hauch von Scylla und Charybdis: Einmalige Gabe einer Jahresdosis Vitamin D zur Sturzprävention ist nicht erfolgreich (6.8.10)
Leitlinien zur Händehygiene in Krankenhäusern nur wirksam bei aktiver Implementierung (30.4.10)
Wie entscheiden sich Patienten für oder gegen Therapien und welche Rolle spielen dabei Entscheidungshilfen? Das Beispiel Tamoxifen (6.1.10)
Sind RaucherInnen unterm Strich doch volkswirtschaftlich nützlich? Klärendes aus Österreich (24.11.09)
Händewaschen: Mit flotten Leuchtschriften in Toiletten von Autobahn-Raststätten lässt sich Hygiene (ein wenig) verbessern (18.11.09)
Qualitätssicherung von Prävention und Gesundheitsförderung: Welche Kriterien sind wichtig? (11.10.09)
Sachlichkeit statt "Pandemie-Hype": Allgemeinarztverband und Arzneimittelkommission zum ob, wer, wie und wie oft der Grippeimpfung (18.9.09)
Was kinderfreundliche Menschen beim "Genuss" einer Zigarette wissen sollten! "Tabakrauchen tötet", aber ist Tabak vorher harmlos? (27.8.09)
Programme für Jugendliche zur Sexualerziehung zeigen in England sehr unerwünschte Effekte (23.8.09)
Eine Scheidung hinterlässt gesundheitliche Spuren - lebenslänglich! (2.8.09)
Don't worry, be happy! Wissenschaftler will die englische Bevölkerung glücklicher machen (2.8.09)
Wie verbessert man kurz- und langfristig das Arzneimittel-Einnahmeverhalten von Patienten? (17.2.09)
Weniger Feinstaub - weniger Herzinfarkte (9.2.09)
Ansteckungsgefahren auf Gesundheitspostern 1920-1999 - Ein etwas anderer Blick auf Public Health und aus Public Health-Sicht (2.11.08)
Verbraucher meinen: Politiker beachten Verbraucherinteressen zu wenig und knicken vor Wirtschaftsunternehmen ein (27.6.2008)
Niederländische Studie rechnet vor: Prävention bringt keine direkten Kosteneinsparungen im Gesundheitssystem (8.2.2008)
"Fußballspiele anschauen kann tödlich sein!" - Erhöhtes Herzattacken-Risiko deutscher Fans während der WM 2006 (2.2.2008)
Die Mär von der "Atomkraft-Renaissance" und den "gesunden AKW" - Propaganda und Wirklichkeit in der aktuellen AKW-Debatte (14.1.2008)
USA: Bis zu 101.000 vermeidbare Tote pro Jahr durch gezielte präventive Interventionen bei den bis zu 75-Jährigen (8.1.2008)
"23andMe” oder Googeln für Hypochonder und Fatalisten. Das Neueste aus der US-Gesundheitswirtschaft! (26.11.2007)
Zwischen "Cash-for-pounds" und Spekulation gegen sich selbst": Geld-Anreize von US-Firmen zum Abbau von Übergewicht - erfolgreich? (12.11.2007)
Nächtlicher Fluglärm und Gesundheit: Mehr Verordnungen von Hochdruck- und Herz-Arzneimittel bei Anwohnern eines Nachtflughafens (31.10.2007)
Kleinere Schulklassen = bessere Bildung und Gesundheit. US-Studie hält Bildungspolitik für die effektivere Gesundheitspolitik (31.10.2007)
Was könnte die Schmerztherapie von Sauerländern mit dem Hindukusch zu tun haben? "Poppy for Medicine" in Afghanistan! (30.10.2007)
Das falsche und richtige "end of the evidence stick" der "Krankenhaus - Hygiene - Diskussion" in Großbritannien! (29.9.2007)
Keine Studie, sondern harte Wirklichkeit: "Halbgott in Weiß" - aber bitte mit kurzen Ärmeln, ohne Krawatte und Ehering! (17.9.2007)
Memorandum der British Medical Association: Boxen schädigt Ihre Gesundheit und kann tödlich enden (5.9.2007)
US-Gesundheitswissenschaftler: "Antidepressiva für die gesamte Bevölkerung zur Prävention" (11.7.2007)
Profi-Fussball: Frühere Verletzungen erhöhen das Risiko von Folgeschäden um das Dreifache (19.3.2007)
"Zehen statt Pillen!?" - Von falschen Erwartungen an den "guten Knoblauch" (1.3.2007)
Training für Ältere zur Aufrechterhaltung der geistigen Fitness: Sudoku hilft besser als Memory (11.2.2007)
Sexualerziehung in Europa - Auch in Deutschland herrscht noch Nachholbedarf (6.1.2007)
Mundgesundheit 1997-2005: Besser, schlechter und soziale Schieflage (21.11.2006)
Musizieren kann der Gesundheit schaden (14.3.2006)
Ärzteumfrage des Gesundheitsmonitor zeigt: Ärzte sind präventiv kaum tätig (7.2.2006)
Aids-Prävention – eine Innovation in der Krise (27.9.2005)

Seite mit den Texten aller Artikel aufrufen:
andere Themen
 

Andere Rubriken in "Prävention"


Präventionspolitik, Präventionsprogramme

Betrieblicher Arbeits- und Gesundheitsschutz

Maßnahmen, Projekte zur Gesundheitsförderung

Gesundheitsverhalten (Rauchen, Ernährung, Sport usw.)

Wellness, Gesundheit als Lifestyle

Früherkennung, Screening

andere Themen



Leitlinien zur Händehygiene in Krankenhäusern nur wirksam bei aktiver Implementierung

Artikel 1791 Als eine der unbestrittenen Ursachen zahlreicher schwerer bis tödlicher Infektionen bei KrankenhauspatientInnen gilt die fehlende oder mangelhafte Händehygiene von Ärzten, Pflegekräften und auch PatientInnen. Lange Zeit glaubte man, das Problem durch Appelle an ethische oder professionelle Grundsätze wie dem des "zuerst einmal nicht schaden (primum non nocere)" oder an den Reinlichkeitssinn bewältigen zu können. Studien im Ausland wie in Deutschland zeigten einerseits, dass Hygienemaßnahmen und darunter Händehygiene wirksame Maßnahmen zur Prävention zahlreicher Krankenhausinfektionen (darunter auch mit multiresistenten Erregern) sind. Andererseits weist aber der aktuellste HTA-Bericht (Korczak/Schöffmann 2010) auf die "irritierend … stark unterschiedlichen Complianceraten" (S. 1) bei der Händehygiene hin, die sich negativ auf die Gesamtwirkung auswirken dürfte. Frühere Studien zeigen, dass diese mangelnde Hygiene aus Sicht der Handelnden auf einer Reihe gewichtiger Faktoren beruht. Einer der genannten Gründe für die mangelnde Compliance war die mangelnde wissenschaftliche Gewissheit über den Nutzen von mehr Händehygiene im Verhältnis zu dem für sie notwendigen Aufwand.

Diese Gewissheit vermitteln nun bereits seit Jahren evidenzbasierte Leitlinien zur Händehygiene, die es in den USA nicht nur seit 2002 gibt, sondern die dort auch bereits flächendeckend eingesetzt wurden. Die von den US-"Centers for Disease Control and Prevention (CDC)" entwickelte Guideline for Hand Hygiene in Healthcare Settings gilt als eine der ersten umfassenden (56 Seiten) und wissenschaftlich gründlichen Leitlinien. Darin wird auch bereits auf die Notwendigkeit hingewiesen, ihre Umsetzung am besten im größeren Rahmen einer Sicherheitskultur zu organisieren. Von internationaler Bedeutung sind die 2009 veröffentlichten WHO Guidelines on Hand Hygiene in Health Care First Global Patient Safety Challenge. Clean Care is Safer Care. Auf einem Teil der 270 Seiten dieser Leitlinie beschäftigen sich auch deren Verfasser damit, wie man die Implementierung und die Wirkung solcher wissenschaftlich eindeutig nützlicher und machbarer Handlungsempfehlungen gewährleistet. Danach soll die Händehygiene in die allgemeine Debatte über Indikatoren für Leistung, Ergebnisqualität oder soziales Marketing von Gesundheitseinrichtungen eingebettet werden.

Wie zutreffend und praktisch notwendig solche Hinweise sind, zeigt das Kernergebnis der ersten Studie über die Implementierung der CDC-Leitlinie in US-amerikanischen Krankenhäusern: Von einer schlichten Implementierung als zusätzlichem Informations- oder Wissensangebot darf nicht allzu viel erwartet werden. Die in 40 Krankenhäusern durchgeführte Studie verglich die Raten der versorgungsbedingten Infektionsraten ein Jahr vor und nach der Publikation der Leitlinienempfehlungen. Hierbei war hilfreich, dass die 40 Krankenhäuser Mitglieder des "National Nosocomial Infections Surveillance System" in den USA waren, also sogar deutlich mehr für das Problem der Prävention von Krankenhausinfektionen sensibilisiert waren als der Großteil der Krankenhäuser. Zusätzlich untersuchten die ForscherInnen u.a. durch Befragungen auch sonstige Veränderungen in den Kliniken, die sowohl Folgen als auch Bedingungen für den Erfolg der Leitlinienimplementation sein können. Ergänzt wurde das Bild durch die direkte Beobachtung der Leitlinientreue.

Die wichtigsten Ergebnisse waren:
• Alle Krankenhäuser hatten ihre ausformulierten Hygienegrundsätze der Leitlinie angepasst und auch eine Reihe leitliniengerechter Instrumente und Produkte entwickelt und bereit gestellt.
• Fast 90% der dazu anonym befragten MitarbeiterInnen sagten, sie seien mit den Leitlinien vertraut.
• Auf einer Bewertungsskala für Implementationen erreichte die Händehygiene-Leitlinie 10,5 von 12 maximal möglichen Punkten. Für die Bewertung spielten allerdings Struktur- und Prozessindikatoren wie z.B. die Erhältlichkeit von alkoholischen Mitteln zur Händeinfektion oder die Existenz von Schulungsprogrammen die vorrangige Rolle und lediglich nachrangig Indikatoren für die Ergebnisqualität.
• In 44,2% (19 von 40) der Krankenhäuser existierte aber dennoch kein nachweisbares Programm, das unter Einbeziehung aller Akteure oder Disziplinen die Leitlinientreue verbessern helfen sollte.
• Die Handhygieneraten verharrten bei durchschnittlich 56,6%.

Bei den erhobenen Wirkungen der Handhygiene gab es uneinheitliche Ergebnisse: Die Infektionen durch Arterienkatheter waren in Krankenhäusern mit hohen Handhygieneraten hochsignifikant besser als in Häusern mit niedrigen Raten. Auf alle anderen Möglichkeiten von Behandlungsinfektionen wirkte sich die Implementation der Leitlinie oder der Stand der Händehygiene nicht aus.

Weder die aufwändige und praktikerfreundliche (z.B. Kurzversionen oder so genannte "Kitteltaschen-Versionen") Verbreitung der Leitlinie in den untersuchten Krankenhäusern noch relativ umfangreiche Schulungsmaßnahmen haben allein weder zu multidisziplinären Verbesserungsbemühungen noch zum erhofften Erfolg bei der Senkung von Infektionsraten geführt. Die ForscherInnen sind der Meinung, dass derartige Hygieneleitlinien nur dann ihre unbestrittene Wirksamkeit erreichen können, wenn es multidisziplinär abgestimmte Bemühungen gibt, die Umsetzung so aktiv und vielfältig wie möglich erfolgt und die Umsetzung administrativ und von den leitenden Akteuren aktiv unterstützt wird.

Jüngste Erfahrungen (Schnoor, Maike; Schäfer, Tobias; Welte, Tobias: Leitlinien: Aktive Implementierung zeigt Wirkung (Deutsches Ärzteblatt 2010; 107(12): A-541 / B-472 / C-646;) mit der Implementierung der S3-Leitlinie "Infektionen der unteren Atemwege" innerhalb einer randomisierten kontrollierten Studie an deutschen Krankenhäusern, verweisen für ihr Sachgebiet ebenfalls auf geringere Wirkungen als erwartet wurden. Auch hier werden aber eine bessere Implementierung und höhere Wirkungen erst von einer besonderen, aktiven Form und intensiveren Maßnahmen wie Audits und Qualitätszirkeln erwartet.

Der HTA-Bericht von Korczak und Schöffmann unterstreicht dies für die Prävention der MRSA-Infektionen und schlägt z.B. eine multimodale Kombination von individualisierten Screenings, Schulungen und eines Antibiotika-Managements vor. Ob damit aber die gewünschten und notwendigen Ergebnisse erreicht werden können, kann wegen der bisher fehlenden Evaluation kombinierter Präventions- und Kontrollmaßnahmen nicht verlässlich gesagt werden.

Hier ist ein Abstract: Elaine L. Larson, Dave Quiros und Susan X. Lin (2007): Dissemination of the CDC's Hand Hygiene Guideline and impact on infection rates (American Journal of Infection Control Volume 35, Issue 10: 666-675)

Hier ist die Studie von Korczak/Schöffmann als Volltext: Dieter Korczak, Christine Schöffmann (2010): Medizinische Wirksamkeit und Kosten-Effektivität von Präventions- und Kontrollmaßnahmen gegen Methicillin-resistente Staphylococcus aureus (MRSA)-Infektionen im Krankenhaus (HTA-Schriftenreihe Bd. 100. Köln)

Bernard Braun, 30.4.10