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Werbung zu Arzneimitteln und Medizinprodukten ohne Wirkungsnachweis ist als irreführend verboten. Das Beispiel Kinesio-Tape.

Artikel 2316 Gerichte werden immer häufiger zu Wächtern bzw. Sachwaltern der Interessen der Bevölkerung an gesundheitlich nützlichen und wirksamen Gütern und Dienstleistungen. Dies ist einerseits zu begrüßen, andererseits aber wegen des dafür notwendigen aber aufwändigen und von vielen gescheuten Klageverfahrens gegen Hersteller oder z.B. ärztliche Anbieter nicht unproblematisch. Zu wünschen wäre, dass vorhandene staatliche Behörden nach geltendem Recht beim Marktzugang oder -auftritt solcher Produkte aktiv werden und den bisher mit relativ geringen und nicht immer unabhängig erbrachten Nachweispflichten von erwünschten und unerwünschten Wirkungen versehenen Marktzugang erschweren oder wenigstens die werbewirksame Etikettierung als "gesund" untersagen.

Das jüngste, auf der Basis des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und des Heilmittelwerbegesetzes gefällte Urteil des Landgerichts Ulm zeigt aber, dass es eine Reihe bereits existierender Gesetze gibt, welche es verhindern helfen können, dass gesundheitlich unsinnige oder problematische, aber in jedem Fall umsatzgarantierende Angebote der Gesundheitswirtschaft mit der Wertschätzung für "gesunde" Güter und Leistungen werben bzw. versprechen, die Hoffnungen von kranken Menschen auf Heilung oder Linderung zu erfüllen.

Es geht hier um das so genannte Kinesio-Taping. Die von einem japanischen Chiropraktiker erfundenen bunten Bänder sollen nach Meinung ihrer Hersteller, der sie oft plakativ tragenden Sportler und auch von Ärzten Sportlern wie Nichtsportlern akut gegen Verspannungen und Verletzungen helfen und ferner durch eine bessere Durchblutung und Muskellockerung vorbeugend wirken sollen. Mit diesen Effekten warb eine Ärztin, die ihre PatientInnen auch mit dieser Art von Bandage behandelte, umfänglich auf ihrer Praxis-Website. Dagegen klagte ein "Verband sozialer Wettbewerb" mit dem Argument, es handle sich hierbei um unlauteren Wettbewerb und einen Verstoß gegen das Heilmittelwerbegesetz.
In dessen Paragraph 3 ist "irreführende Werbung" für Arzneimittel, Medizinprodukte und einer Reihe weiterer gesundheitsbezogener Produkte und Leistungen verboten. Irreführend ist dabei "insbesondere", wenn Arzneimitteln, Medizinprodukten, Verfahren, Behandlungen, Gegenständen oder anderen Mitteln eine therapeutische Wirksamkeit oder Wirkungen beigelegt werden, die sie nicht haben, wenn fälschlich der Eindruck erweckt wird, daß ein Erfolg mit Sicherheit erwartet werden kann, bei bestimmungsgemäßem oder längerem Gebrauch keine schädlichen Wirkungen eintreten" oder "die Werbung nicht zu Zwecken des Wettbewerbs veranstaltet wird."

Das für die Klage zuständige Landgericht Ulm machte es sich nicht einfach und zog für seine Bewertung der von der Beklagten veröffentlichten werbenden Aussagen und sein Urteil die wissenschaftlichen Erkenntnisse heran, die sich eigentlich bereits der Hersteller oder spätestens die hierfür ja ausgebildete Ärztin statt Werbeprospekte und Fußballer-Statements hätten anschauen können und müssen.
Die einzige methodisch hochwertige Studie, eine so genannte Metaanalyse aus dem Jahr 2012 kommt zu dem für solche Analysen selten eindeutigen Schluss, dass "von 97 Beiträgen...gerade einmal 10 die Einschlusskriterien (der Artikel musste Daten über die Wirkung des Kinesio-Tapings zur Verfügung stellen, und zwar im Hinblick auf Resultate, die die Muskeln und das Skelett betreffen; ferner musste die Arbeit eine Kontrollgruppe haben). Von diesen 10 Publikationen prüften nur 2 Studien sportbezogene Verletzungen. Davon involvierte lediglich eine Studie verletzte Athleten. Die eingeschlossenen Studien enthielten aber z.T. Ergebisse zur möglichen Prävention von Sportverletzungen. Die Wirksamkeit des Kinesio-Tapings in Bezug auf Schmerzerleichterung war belanglos: Es gab keine klinisch relevanten Ergebnisse. Fazit der Metaanalyse war, dass lediglich eine qualitative Evidenz von geringer Bedeutung vorlag, die den Nutzen des Kinesio-Tapings gegenüber anderen Arten des Tapings bei Handhabung und Prävention von Sportverletzungen untermauern konnte" - so ein das Urteil kommentierender Fachanwalt.

Das Gericht sah dies genauso, unterstrich die gerade für gesundheitsbezogene Aussagen und Angebote zentrale Bedeutung eines wissenschaftlich erbrachten positiven Nutzen-/Wirkungsnachweises, bewertete die Werbung der Ärztin als "Vorsprung durch Rechtsbruch" und verbot ihr unter Androhung eines Bussgelds bei Zuwiderhandlung im Detail 36 inhaltlich werbende Aussagen als irreführend und damit im Prinzip ihren gesamten Kinesio-Werbeauftritt.

Das gesamte Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Ulm mit dem Aktenzeichen 10 O 35/13 KfH ist leider nicht kostenlos zugänglich. Ob dies bei einem Urteil eines öffentlichen Gerichts zu einem Gegenstand öffentlichen Interesses in Zeiten des Internets gerechtfertigt ist, ist fragwürdig - vor allem wenn an einem "steuerfinanzierten" Urteil dann private Anbieter wie Jurion oder Beck-Online verdienen.

Zumindest an den Tenor und die Liste der als Irreführung untersagten 36 werbenden Aussagen kommt man dann aber trotzdem kostenlos heran. Weiteres Interesse am Urteil kostet dann aber z.B. 39,99 Euro monatlich für ein entsprechendes Urteils-Abo.

Die 2012 veröffentlichte Metaanalyse Kinesio taping in treatment and prevention of sport injuries: a meta-analysis of the evidence for its effectiveness von Sean Williams et al. ist in der Fachzeitschrift "Sports Medicine" (42: 153-164) erschienen. Von diesem Aufsatz ist das Abstract kostenlos zugänglich.

Von dem ausführlichen juristischen Kommentar Gesetzliche Anforderungen an ärztliche Werbung des Wettbewerbsrechtler T. Oehler, erschienen in der "Deutschen Medizinischen Wochenschrift" (2013. 138(45): 2322-2324), ist ebenfalls das Abstract kostenfrei erhältlich.

Bernard Braun, 11.12.13