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Statistische Schaumschlägereien mit Risiken: "Um 40% gesenktes Krankheitsrisiko durch XYZ"

Artikel 0511 In Medienberichten über den Effekt neuer Medikamente oder über die Gefahren des Rauchens, Trinkens oder des Verzehrs bestimmter Lebensmittel findet man sie fast täglich: Risiko-Meldungen. "Achtfach erhöhte Erkrankungsrisiken bei häufigem Verzehr von AB!", "Um 40% gesenkte Krankheitsrisiken bei Einnahme von Medikament CD". Noch häufiger sind solche aufsichtserregenden, zugleich aber wenig aussagekräftigen Zahlen natürlich in den Werbeanzeigen für Medikamente und pflanzliche Arzneimittel zu finden oder auf Webseiten der Hersteller und Verkäufer. Wer sich überzeigen möchte, schaue einmal auf der Vitamin-PR-Seite Krebsvorsorge vorbei.

Da wird festgestellt, "dass die Supplementation der Antioxidantien Selen, Vitamin E und Beta-Carotin die Sterblichkeit an Magenkarzinomen um 21 Prozent senken konnte", dass "dass Testpersonen ein bis zu 50 Prozent geringeres Hautkrebsrisiko hatten", dass "Fünf Portionen Obst und Gemüse pro Tag das Risiko, an Krebs zu erkranken, um 20 Prozent senken" oder dass "das Darmkrebsrisiko einer Studie zufolge sich um 46 Prozent verringert, wenn man mindestens einmal am Tag Broccoli, Kohl, Salat, Rosenkohl oder Blumenkohl isst".

Dass die bloße Mitteilung solcher Risikosenkungen wenig aussagekräftig ist, mag folgendes Beispiel verdeutlichen, das jetzt ein US-amerikanisches Forschungsteam veröffentlichte, nachdem sie eine große Zahl wissenschaftlicher Publikationen analysiert hatten: Ein relatives Risiko von 50% im Vergleich einer Gruppe A mit einer Gruppe B besagt noch sehr wenig. Es kann sein, dass von der Gruppe A (1000 Personen, die regelmäßig ein Medikament XY einnehmen) später einmal 2 Personen von einer bestimmten Krankheit betroffen sind, während von der Gruppe B (1000 Personen, die kein Medikament einnehmen), später einmal 4 Personen erkranken. Das Risiko der Gruppe A ist also nur halb so groß, in Medien oder Werbung würde wohl erscheinen: "XY senkt das Erkrankungsrisiko um 50%". Dass insgesamt 998 bzw. 996 Personen von jeweils 1000 gar nicht erkranken, das absolute Risiko also bei 0,2% bzw. 0,4% liegt, bleibt außen vor.

Dass in der Presse nur sehr selten Berichte auch über absolute Risiken erscheinen, liegt einerseits wohl daran, dass solche Zahlen (wie 0,2% in Gruppe A und 0,4% in Gruppe B) unspektakulär und wenig schlagzeilenträchtig erscheinen. Wie die Analyse der US-Forscher jetzt gezeigt hat, gib es aber auch noch einen anderen Grund: Auch Wissenschaftler verstecken oder verschweigen solche Daten sehr gerne, wohl aus denselben Motiven. Die Forscher hatten aus sechs besonders renommierten Medizin-Zeitschriften insgesamt 222 Artikel herausgesucht, in denen bestimmte Schlagworte und Fachbegriffe zur Kennzeichnung eines relativen Risikos auftauchen. In diesen Zeitschritt überprüften sie dann, ob auch Angaben zu absoluten Risiken vorhanden waren. Als Ergebnis zeigte sich: Nur jede dritte Veröffentlichung machte solche Angaben auch direkt und schnell auffindbar in der Zusammenfassung. Bei den übrigen zwei Dritteln war diese Information bei der Hälfte zumindest im Textteil verborgen.

Berücksichtigt man, dass Journalisten, die nicht für medizinische Fachzeitschriften arbeiten, in der Regel keine Zeit haben, lange Fachaufsätze zeilengetreu zu lesen, und dass für den ganz überwiegenden Teil von Fachveröffentlichungen nur das Abstract frei und kostenlos zugänglich ist, dann wird deutlich, dass die Sensationsmeldungen der Presse ganz maßgeblich auch verursacht werden durch überaus lückenhafte wissenschaftliche Informationen.

Der Aufsatz ist hier im Volltext kostenlos nachzulesen: Lisa M Schwartz et al: Ratio measures in leading medical journals: structured review of accessibility of underlying absolute risks
(BMJ 2006;333:1248 (16 December), doi:10.1136/bmj.38985.564317.7C)

Gerd Marstedt, 24.1.2007