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Neuer Klinikführer der Techniker Krankenkasse: Kassen-PR sehr gut, Patienteninformation mangelhaft

Artikel 0780 Nachdem in den vergangenen Wochen und Monaten immer neue Wegweiser für Patienten zur Auswahl eines Krankenhauses auf den Markt gekommen waren, zog (nach der Handelskrankenkasse Bremen) nun die Techniker Krankenkasse (TK) mit einem im Internet verfügbaren bundesweiten Klinikführer nach und stellte das Projekt auf einer Pressekonferenz vor. Als Besonderheit wurde hervorgehoben, dass erstmals auch Urteile und Erfahrungen von Patienten veröffentlicht werden. Die PR-Aktion hat gewirkt. Schon am Abend hatten fast alle überregionalen Tageszeitungen und eine Vielzahl von Websites die Botschaft verkündet - meist leider ohne Prüfung der Substanz und teilweise auch noch mit falschen Daten.

So meldete etwa "BILD T-Online" mit der Schlagzeile Größte Umfrage zur Patienten-Zufriedenheit - Die 100 besten Kliniken: Für die Studie wurden Patienten in bundesweit 2000 Krankenhäusern nach ihren Erfahrungen während der Behandlung befragt." Leider falsch. Zwar werden Daten von gut 2000 Kliniken veröffentlicht, die von der TK in den Mittelpunkt gerückten Urteile von Patienten beziehen sich jedoch nur auf insgesamt 202 Krankenhäuser in 20 deutschen Großstädten. Ebenso falsch war die inhaltliche Botschaft in einer Vielzahl von Schlagzeilen, die suggerierten, der Klinikführer biete einen Überblick zur Behandlungsqualität der Kliniken. Hier hatte man in den Online- und Print-Redaktionen schlicht und ungeprüft die Schlagzeile der TK-Pressemitteilung paraphrasiert "Neuer Klinikführer bietet Qualitätsüberblick per Mausklick".

Auch im Text der Pressemitteilung wird angedeutet, dass der Krankenhaus-Wegweiser Indikatoren zur unterschiedlichen Behandlungsqualität öffentlich macht. Zitat: "Bei manchen Diagnosen wie Darmkrebs gibt es beträchtliche Unterschiede in der Qualität der Behandlung. Hier ist es für den Patienten sehr wichtig, das richtige Krankenhaus zu finden", so Straub. Mit dem Klinikführer sei es gelungen, einen weiteren wichtigen Schritt in Richtung Transparenz von Behandlungsqualität zu unternehmen." Was im TK-Klinikführer tatsächlich geboten wird, sind jedoch lediglich die in den (gesetzlich vorgeschriebenen "Strukturierten Qualitätsberichten") mitgeteilten Angaben, wie häufig eine bestimmte Diagnose oder Behandlung durchgeführt wurde.

Dieser Indikator ist jedoch methodisch überaus fragwürdig. Die Tatsache, dass eine Klinik A eine Operation 1.000 mal durchgeführt hat, belegt keineswegs eine bessere Behandlungsqualität im Vergleich zur Klinik B, die diesen Eingriff nur 300 mal vollzogen hat. Vgl. zur Kritik etwa den Artikel aus dem Deutschen Ärzteblatt: Jonitz, Günther; Klakow-Franck, Regina: Qualitätsberichte der Krankenhäuser: Information versus Marketing. Aufgrund dieser Einsicht werden zukünftig in den neuen Strukturierten Qualitätsberichten auf Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses neben der puren Mengenangabe auch erstmals Indikatoren zur Behandlungsqualität veröffentlicht, und zwar unter Einschluss einer Risikoadjustierung, also der statistischen Berücksichtigung der unterschiedlichen gesundheitlichen Verfassung von Patienten aufgrund von Begleiterkrankungen oder Lebensalter.

Und auch die als Neuerung der Klinikführers herausgestellte neue "Perspektive, die für Verbraucher hilfreich ist, nämlich die Erfahrungen anderer Patienten" offenbart bei näherer Betrachtung nicht unerhebliche Mängel. Vorgestellt wird ein allgemeines Urteil der Patientenzufriedenheit mit der Klinik. Die Problematik ist hier nur, dass Urteile über sämtliche Abteilungen eines Krankenhauses in einem Wert zusammenfließen. So wird denn auch bei der Ergebnisausgabe indirekt davor gewarnt, diese Information allzu ernst zu nehmen für die persönliche Suche: "Der angegebene Wert in der Spalte 'Patientenzufriedenheit' spiegelt ausschließlich das Befragungsergebnis für das Kriterium "Allgemeine Zufriedenheit mit dem Krankenhaus" wider. Er basiert auf persönlichen Eindrücken von TK-Patienten und berücksichtigt nicht eventuelle Unterschiede zwischen den Fachabteilungen. Der Wert eignet sich nicht zum Aufstellen einer Rangfolge." Dass es auch anders geht, hat der "Klinik-Führer Rhein-Ruhr" gezeigt, in dem Patientenurteile nicht nur gegliedert nach einzelnen Fachabteilungen aufgeführt werden, sondern zusätzlich auch noch nach einzelnen Kriterien (Zufriedenheit mit den Ärzten, mit der Pflege, mit dem Erfolg).

Auch handwerkliche Fehler muss man beim neuen TK-Angebot bemängeln. Wenn man die Mengenangabe "Zahl der durchgeführten Behandlungen" in einer Klinik als Qualitäts-Indikator ernst nimmt, so sollte der Wert für die verschiedenen in Frage kommenden Häuser sich auf die jeweilige, vom Patienten gesuchte Behandlung in der zuständigen Fachabteilung beziehen. In der Vergleichsübersicht zwischen verschiedenen Kliniken, taucht jedoch stattdessen der Wert "Stationäre Fälle gesamt" auf. Erst nach zwei weiteren Mausklicks wird dann der tatsächlich interessierende Indikator (Fallzahl für die gesuchte Behandlungsmethode oder Diagnose in der spezifischen Abteilung) präsentiert. Oder die Überforderung des Nutzers mit medizinischem Fachjargon: Wer nicht genau weiß, welche Operation bei ihm durchgeführt werden soll, bekommt ein Hilfsmenü, das noch mehr verwirren dürfte. So bietet die Suche nach "Prostata", um nur ein Beispiel zu nennen, als Optionen etwa an "Perkutan-zystoskopische Biopsie an Harnorganen und Prostata", "Transrektale und perkutane Destruktion von Prostatagewebe" oder auch "Inzision der Prostata".

Die TK war und ist in vielen Bereichen durchaus vorbildlich, wenn es darum ging, Patienteninteressen im Versorgungssystem zu vertreten - im Rahmen von Forschungsprojekten, Modellvorhaben oder Informationsmaterialien. So ist etwa der unlängst gestartete "virtuelle Patientendialog" als innovativer Ansatz überaus positiv hervorzuheben. Patienten können sich hier interaktiv und in individuellen Lernschritten über Rückenschmerzen oder auch den Nutzen einer Partizipativen Entscheidungsfindung in der Arztpraxis informieren. Der TK-Klinikführer jedoch ist in Anbetracht der zuletzt erschienenen regionalen Krankenhauswegweiser und des Vorhabens zur Neugestaltung der Strukturierten Qualitätsberichte eher ein Rückschritt: Viel PR für die Kasse, wenig Nutzen für Patienten und Versicherte.

• Hier ist das Online-Portal zum TK-Klinikführer
Hier ist der Methodenbericht zur Patientenbefragung: Qualitätstransparenz im Krankenhaus

Gerd Marstedt, 5.7.2007