Home | Patienten | Gesundheitssystem | International | GKV | Prävention | Epidemiologie | Websites | Meilensteine | Impressum

Sitemap erstellen RSS-Feed

RSS-Feed
abonnieren


Weitere Artikel aus der Rubrik
Patienten
Klinikführer, Ärztewegweiser


USA: Öffentliche Berichte über Mortalitätsrisiken in Krankenhäusern wirken sich nicht oder nur mäßig auf Risikoentwicklung aus. (21.3.12)
"Schwarm-Weisheit" im Gesundheitswesen oder Wie objektiv sind die Bewertungen unabhängig entscheidender Individuen? (18.2.12)
Wie sieht die "digitale Spaltung" Deutschlands im Jahr 2011 aus? Nachdenkliches zum Setzen auf wirksame Internet-Gesundheitsinfos (11.7.11)
Befragungen von und Informationsangebote für Krankenversicherte im Internet? Zahlreiche Nachteile für ältere Versicherte! (31.5.10)
Kanada: Fast keine Auswirkungen veröffentlichter Performance-"Report cards" auf die Versorgungsqualität in Krankenhäusern (18.11.09)
"Privat" und "groß" gleich gut; "öffentlich" und "klein" gleich schlecht oder wie sieht die Klinik-Versorgungsqualität aus? (4.11.09)
Die "Weisse Liste" veröffentlicht neue Qualitäts-Daten der deutschen Krankenhäuser (30.9.09)
Was taugen Selbsteinstufungen von Krankenhäusern über die Patientensicherheit in ihren Häusern? Nichts. (1.4.09)
Qualitätsberichte deutscher Kliniken: Verständlich nur mit Abitur (5.2.09)
Das Interesse an Arzt- und Klinik-Wegweisern zur Versorgungsqualität ist bei US-Bürgern deutlich gesunken (5.12.08)
Kritik an Klinikführern in den USA: Völlig abweichende Bewertungen für ein und dasselbe Krankenhaus (13.11.08)
Wissen=Handeln? Sehr gemischtes, zum Teil paradoxes oder gegenläufiges Bild der Wirkungen von öffentlichen Qualitätsvergleichen (7.5.2008)
USA: Daten einer bundesweiten Befragung von Krankenhaus-Patienten jetzt öffentlich zugänglich (31.3.2008)
Veröffentlichung von Qualitätsdaten medizinischer Versorgungseinrichtungen: Zeigen sich Effekte für die Versorgungsqualität? (28.1.2008)
Reagieren medizinische Versorgungseinrichtungen überhaupt auf eine Veröffentlichung von Qualitätsindikatoren? (26.11.2007)
Paradoxe Patienten-Einsicht: Die Qualität der Ärzte ist sehr unterschiedlich. Aber es gibt kaum Möglichkeiten der Information. (24.11.2007)
Gewünschte Informationen zur Wahl eines neuen Arztes: Patienten-Bedürfnisse unterscheiden sich erheblich (4.11.2007)
Klinikführer und Ranglisten in den USA: Studien decken Inkonsistenzen und Widersprüche auf (1.10.2007)
Die Zahl der Internetportale mit Patienten-Urteilen über Ärzte wächst kontinuierlich (4.9.2007)
Studie kritisiert "Strukturierte Qualitätsberichte" der Krankenhäuser: "Patienten rücken nicht in den Blickpunkt" (29.8.2007)
Neuer Klinikführer der Techniker Krankenkasse: Kassen-PR sehr gut, Patienteninformation mangelhaft (5.7.2007)
Kritik an Klinikführern und Strukturierten Qualitätsberichten: Nutzer werden viel zu wenig beteiligt (2.7.2007)
Qualitätsbewertungen und Ranglisten von Kliniken in den USA: Die große Unübersichtlichkeit (24.4.2007)
Hamburger Klinik-Daten zur Versorgungsqualität: Für Patienten mehr Verwirrspiel als Entscheidungshilfe (26.2.2007)
Der Informationsbedarf von Patienten zur Auswahl eines Arztes oder Krankenhauses ist groß, das Angebot jedoch mangelhaft (9.2.2007)
Patienteninformation über Krankenhausqualität auch in den USA nicht problemlos (28.11.2006)
Wegweiser durch das Gesundheitssystem für Migranten (30.10.2006)
Klinik-Führer Rhein-Ruhr erhält Auszeichnung für Patieninformationen (30.10.2006)
Checkliste: "Woran erkennt man eine gute Arztpraxis?" (10.8.2005)

Seite mit den Texten aller Artikel aufrufen:
Klinikführer, Ärztewegweiser
 

Andere Rubriken in "Patienten"


Gesundheitsversorgung: Analysen, Vergleiche

Arzneimittel, Medikamente

Einflussnahme der Pharma-Industrie

Arzneimittel-Information

Hausärztliche und ambulante Versorgung

Krankenhaus, stationäre Versorgung

Diagnosebezogene Fallgruppen DRG

Rehabilitation, Kuren

Kranken- und Altenpflege, ältere Patienten

Umfragen zur Pflege, Bevökerungsmeinungen

Schnittstellen, Integrierte Versorgung

Disease Management (DMP), Qualitätssicherung

Leitlinien, evidenzbasierte Medizin (EBM)

Verhaltenssteuerung (Arzt, Patient), Zuzahlungen, Praxisgebühr

Arztberuf, ärztl. Aus- und Fortbildung

IGeL Individuelle Gesundheitsleistungen

Alternative Medizin, Komplementärmedizin

Arzt-Patient-Kommunikation

Patienteninformation, Entscheidungshilfen (Decision Aids)

Shared Decision Making, Partizipative Entscheidungsfindung

Klinikführer, Ärztewegweiser

Internet, Callcenter, Beratungsstellen

Patienteninteressen

Patientensicherheit, Behandlungsfehler

Zwei-Klassen-Medizin

Versorgungsforschung: Übergreifende Studien

Versorgungsforschung: Diabetes, Bluthochdruck

Versorgungsforschung: Krebs

Versorgungsforschung: Psychische Erkrankungen

Versorgungsforschung: Geburt, Kaiserschnitt

Versorgungsforschung: Andere Erkrankungen

Sonstige Themen



Klinikführer und Ranglisten in den USA: Studien decken Inkonsistenzen und Widersprüche auf

Artikel 0939 Ranglisten von Kliniken und vergleichende Übersichten mit Qualitäts-Indikatoren sind in den USA anders als in Deutschland fast im Überfluss verfügbar. Einige Dutzend solcher Internet-Seiten gibt es, herausgegeben von kommerziellen, gemeinnützigen und auch staatlichen Einrichtungen. (vgl. hierzu auch: Qualitätsbewertungen und Ranglisten von Kliniken in den USA: Die große Unübersichtlichkeit). Dass dieses ausufernde Angebot für Patienten nicht unbedingt einen Informationsvorteil bringt, haben jetzt zwei neuere Studien gezeigt. Wer sich nicht auf einen Klinikführer verlassen möchte und zwei oder gar mehr Informationsangebote heranzieht, so das Ergebnis beider Analysen, wird zwangsläufig auf widersprüchliche und inkonsistente Ergebnisse stoßen.

Zum zweiten Mal nach der Erstveröffentlichung 2005 werden in diesem Jahre Strukturierte Qualitätsberichte deutscher Kliniken veröffentlicht, dieses Mal sogar unter Einschluss von Qualitätsindikatoren und mit der Möglichkeit zum direkten Vergleich einzelner Krankenhäuser. Dieser bundesweite Klinikbericht wird dann weitgehend konkurrenzlos sein, lediglich in einigen wenigen deutschen Regionen oder Großstädten (Rhein-Ruhr, Berlin, Hamburg, Bremen) könnten Interessenten dann einen Vergleich der Ergebnisse mit ihren regionalen Klinikführern anstellen. In den USA sind solche Vergleichsmöglichkeiten weitaus größer, auf über 30 Websites gibt es entweder für die gesamte USA oder für einzelne Bundesstaaten oder Regionen solche Qualitätsübersichten.

Eine jetzt in der Zeitschrift "Archives of Surgery" veröffentlichte Studie hat im Internet nach solchen Websites gesucht und schließlich sechs von ihnen nach bestimmten Kriterien ausgewählt: Sie mussten Kliniken für die gesamte USA bewerten, für alle potentiellen Nutzer verfügbar sein und Qualitätsindikatoren für chirurgische Eingriffe veröffentlichen. Eine Website wurde in staatlicher Regie betreiben, zwei von gemeinnützigen Einrichtungen, drei waren privatwirtschaftlich. Zur Bewertung der Portale wurden verschiedene Kriterien herangezogen:
• Zugangsmöglichkeiten (Bewertung nach den Aspekten: kostenlose oder kostenpflichtige Benutzung, Registrierungspflicht, Bekanntheitsgrad - festgelegt anhand der Position bei Google-Suchergebnissen)
• Transparenz (Bekanntmachung der Datenquellen, Offenlegung der statistischen Analyse-Methoden, Verwendung einer Risiko-Adjustierung, also Berücksichtigung der unterschiedlichen Vor- und Parallelerkrankungen von Patienten)
• Daten-Qualität (Spektrum der einbezogenen Daten, Berücksichtigung von Struktur-, Prozess- und Ergebnis-Indikatoren, Angabe auch eingriffs-spezifischer Indikatoren)
• Aktualität der Daten

Als Ergebnis zeigte sich dann, dass kein Klinikführer hinsichtlich aller Kriterien positiv eingestuft werden konnte. Bei den Zugangsmöglichkeiten und der Transparenz schnitten staatliche und gemeinnützige Portale am besten ab, dafür wiesen sie jedoch Schwächen bei der Datenqualität ab. Bei diesem Kriterium waren die privatwirtschaftlich geführten Angebote besser, weil sie umfangreichere und detailliertere Informationen bieten. Durchgängig ein Mangel war jedoch, dass bestimmte Ergebnisse (wie z.B. "Komplikationen") nicht nachvollziehbar und eindeutig erklärt waren. Überdies waren auch die meisten Daten älter als zwei Jahre.



Um zu überprüfen, ob und in welchem Grad die Bewertungen der verschiedenen Klinikführer übereinstimmen, wurden dann vier verschiede Kliniken in Los Angeles ausgewählt und bei ihnen überprüft, inwieweit die Urteile für die Behandlungsqualität bei drei chirurgischen Eingriffen übereinstimmen: Laparoskopie (Bauchspiegelung mit Endoskop), Operation eines Leistenbruchs, Kolektomie (operative Entfernung des gesamten Dickdarms). Die Ergebnisse waren ernüchternd und zeigten ein hohes Maß an Inkonsistenz. Teilweise waren auch Daten nicht verfügbar, so dass nur unvollständige Vergleichsmöglichkeiten bestanden. Gravierender war jedoch noch das geringe Maß an Übereinstimmung: So zeigte sich etwa bei der Kolektomie (vgl. Abbildung), dass zwei der vier Krankenhäuser einige Male Bestnoten erhielten, parallel dazu aber auch überaus schlechte Bewertungen bekamen.

Die Studie ist hier im Volltext kostenlos verfügbar: Michael J. Leonardi u.a.: Publicly Available Hospital Comparison Web Sites (Arch Surg. 2007;142:863-869)

Eine in der Zeitschrift "Archives of Internal Medicine" kurz zuvor veröffentlichte Studie war im Prinzip zu ähnlichen Ergebnissen gekommen. Allerdings beschränkte sich die Aussagekraft dieser Studie auf nur eine Klinik-Rangliste (der US-Boulevard-Zeitschrift "U.S. News & World Report") und auf nur einen Indikator, nämlich die 30-Tages-Sterberate nach einem Herzinfarkt. Überprüft wurde dann anhand verfügbarer Daten, ob die in der Rangliste aufgeführten 50 besten Kliniken bei diesem Indikator tatsächlich besser abschnitten als 3.800 andere dort nicht aufgeführte Krankenhäuser. Als Ergebnis zeigte sich: 35 der 50 in der Hitliste aufgeführten besten Kliniken hatten überaus gute Ergebnisse hinsichtlich der 30-Tage-Sterblichkeit. Es gab aber auch 11 Kliniken mit einem durchschnittlichen und 2 Kliniken mit einem schlechten Ergebnis in der Bestenliste. Umgekehrt bedeutete dies: 28 Kliniken mit einem Spitzenresultat bei der Sterblichkeitsquote waren nicht in der Liste aufgeführt. Die Erklärung ist einfach: Die Zeitschrift "U.S. News & World Report" verwendete neben dem Sterblichkeits-Indikator auch noch andere Kriterien für ihre Einstufung, wie zum Beispiel Empfehlungen von Kardiologen.

Auch diese Studie ist kostenlos im Volltext nachzulesen Oliver J. Wang u.a.: "America's Best Hospitals" in the Treatment of Acute Myocardial Infarct (Arch Intern Med. 2007;167:1345-1351)

Bislang sind solch widersprüchliche und inkonsistente Ergebnisse zur Behandlungsqualität von Kliniken noch kein Problem für deutsche Patienten, die sich vorab über eine in Frage kommende Einrichtung informieren möchten. Es scheint jedoch absehbar, dass mit zunehmendem öffentlichen Interesse neben den bislang schon veröffentlichten Klinikführern von Krankenkassen und Ärzteverbänden sowie den Strukturierten Qualitätsberichten auch kommerzielle Internetseiten hier ein Geschäft wittern. Zwar verfügen sie nicht über die Originaldaten zur Behandlungsqualität. Es dürfte jedoch ein leichtes sein, diese Daten ein wenig benutzerfreundlicher aufzubereiten, individuelle Gewichtungsmöglichkeiten einzubauen und die Informationen womöglich auch zu ergänzen um Arztempfehlungen oder Patientenurteile. Es steht zu befürchten, dass dann die Unübersichtlichkeit hierzulande ähnliche Ausmaße annimmt wie jetzt schon in den USA zu beobachten ist.

Gerd Marstedt, 1.10.2007