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Patienten
Hausärztliche und ambulante Versorgung


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Was kostet die Interaktion mit privaten Krankenversicherern Ärzte und weiteres Praxispersonal in den USA an Zeit und Geld?

Artikel 1558 Eine der vielen Ursachen für die mittlerweile fast 16 % des Bruttoinlandprodukts, die in den USA auf Gesundheitsausgaben entfallen, ist der gegenüber öffentlichen und kollektiven Versicherungssystemen höhere Verwaltungsaufwand der überwiegend (aber bei weitem nicht komplett) privaten einzelvertraglichen Absicherung gegen Erkrankungsrisiken. Hier dachte man meist an die Aufwändungen für Vertreter, Vertragsabschlüsse und andere Aquisitions- und Haltekosten und die enormen Kosten für Anwälte und Haftpflichtversicherungen im amerikanischen Gesundheits- und Rechtssystem.

Weniger dachte und wusste man bis jetzt an und von den Folgekosten, die den Leistungserbringern durch die komplexe Interaktion mit den verschiedenen überwiegend privaten (überwiegend deshalb, weil sich die staatlichen Versicherungssysteme Medicare und Medicaid zum Teil auch privater "health plans" bedienen) Krankenversicherungsanbietern und deren zahlreichen Einzel- oder selektiven Verträgen mit Ärzten und Krankenhäusern entstanden.

Dies hat sich jetzt durch zwei von der "Robert Wood Johnson Foundation's Changes in Health Care Financing and Organization (HCFO)-Initiative" und dem "Commonwealth Fund" unterstützten Untersuchungen über den Zeitaufwand und dessen Geldäquivalent von Verwaltungskräften und Ärzten in Gesundheitseinrichtungen grundlegend und präzise geändert, deren Ergebnisse im neuesten Heft der renommierten Public Health-Zeitschrift "Health Affairs" bzw. der neuesten "Web Exclusive"-Ausgabe dieser Zeitschrift enthalten sind.

In der einen Studie untersuchten Lawrence P. Casalino zusammen mit Kollegen vom Weill Cornell Medical College mittels einer 2006 durchgeführten Befragung von 895 (von als repräsentativ für die Zielgruppe geltenden 1.939 angeschriebenen Personen antworteten also 49,8% [roh] bzw. 57,5% [adjustiert]) Ärzten (1.310) und Verwaltungskräften medizinischer Gruppenpraxen (629), den Zeitaufwand, der für das Einholen von Behandlungserlaubnissen, das Ausfüllen von Arzneimittelformularen, Anforderungen, Ermächtigungen, Vereinbarungen und die Dokumentation von Qualitätsdaten von und für Versicherungsunternehmen aufgebracht werden musste:

• Die Ärzte mussten dafür insgesamt 142 Stunden oder rund drei Wochen pro Jahr und Kopf aufwenden. Durchschnittlich waren dies wöchentlich 3 Stunden. Der Aufwand bei primary care-Ärzten betrug 3,5 Stunden, bei Fachärzten 2,6 Stunden und bei Chirurgen 2,1 Stunden.
• Das Pflegepersonal verwendete pro Jahr und Arzt mehr als 23 Wochen für derartige Verwaltungsaufgaben und
• das Büropersonal war sogar 44 Wochen pro Arzt und Jahr mit diesen Aufgaben beschäftigt.
• Wenn man diese durch private Versicherungsverhältnisse anfallenden Arbeitsaufwände monetarisiert, kosten sie jährlich rund 31 Milliarden US-$ oder 68.274 US-$ pro Arzt und Jahr. Der genannte Betrag stellt 6,9% aller Ausgaben für Ärzte und klinische Dienstleistungen in den USA dar. Dieser Anteil ist immerhin sechsmal so hoch wie die gesamten jährlichen Ausgaben der US-Bundesregierung für das "Children's Health Insurance Program (CHIP)".
• Fast drei Viertel der Befragten gaben an, dass sich ihr Aufwand für Interaktionen mit "health plans" in den vergangenen zwei Jahren zugenommen hatte.

Da in der Studie ein Teil der niedergelassenen Ärzte und sämtliche stationär tätigen Ärzte und Verwaltungskräfte ausgeschlossen waren, also 163.000 Ärzte und ihr Pflege- und Verwaltungspersonal, dürfte der absolute Betrag für die Verwaltungsgeschäfte mit Krankenversicherungen in jedem Fall noch deutlich höher sein. Würde man auch noch die für diese Interaktionen notwendigen technischen Geräte (Telefon, EDV etc.) hinzurechnen, wäre der Betrag noch höher.
Zum Schluss ihrer Studie geben Casalino et al. aber auch noch zu bedenken, dass man administrative Kosten nicht nur als negativ und Arbeitszeitverschwendung betrachten sollte, sondern auch die damit verbundenen Möglichkeiten der Kostenersparnis und der Qualitätsverbesserung in Betracht ziehen sollte. Obwohl es für Ärzte sehr lästig und teuer ist mit verschiedenen Versicherungen und ihren Verwaltungsroutinen zurecht zu kommen könnten gerade der dahinter stehende Wettbewerb Nutzen im Bereich von Innovation oder der erweiterten Wahlmöglichkeiten von Patienten produziert werden. Ob dies tatsächlich der Fall ist oder reine Theorie oder Wettbewerbs-Apologetik ist bedarf allerdings nach Ansicht der AutorInnen erst der empirischen Überprüfung.

In einer separaten zweiten Fall-Studie eines von Julie Sakowski am Sutter Health Institute for Research and Education geleiteten Forschungsteams, fand sich, dass die mehr als 500 Ärzte in einer großen medizinischen Versorgergruppe (medical group) in Kalifornien mehr als 35 Minuten pro Tag aufbringen mussten, um Rechnungsfragen und Versicherungsaufgaben zu erledigen. Diese Aktivitäten erforderten zusätzlich noch rund zwei Drittel der Arbeitszeit einer vollbeschäftigten Verwaltungskraft pro vollbeschäftigtem Arzt.
83% des nichtklinischen Personals widmeten ihre Arbeitszeit ausschließlich der Abrechnung von Leistungen und Versicherungsaktivitäten.
2006 beliefen sich die Kosten für die Abrechnung und Versicherungskontakte auf 85.276 US-$ pro Vollzeit-Arzt oder auf 10% des gesamten Versorgungsaufwands der Praxis.

Als mögliche Lösung der Kompliziertheit und damit auch Fehleranfälligkeit sowie der Kosten des bisherigen Systems schlagen die WissenschaftlerInnen vor: "Within a multipayer system, adopting fully standardized plan features and procedures offers the best hope of major efficiencies in billing/insurance administration."

Auch wenn viele der Abläufe und Probleme in den USA wegen der deutlich anderen Strukturen nicht oder nicht 1:1 auf das bundesrepublikanische System übertragbar sind, verdienen die Problemsicht und die angedachten Lösungen im Zeichen der politisch gewollten Ausdehnung oder Vervielfachung selektiver und damit Einzelverträge mehr Beachtung als viele andere internationale Erfahrungen. Wenn deutsche Ärzte schon bei den Disease Management-Programmen (DMP) über einen zu hohen Verwaltungsaufwand klagten, wird es bei Ärzten, die demnächst mit 10 oder auch 27 verschiedenen gesetzlichen Krankenkassen unterschiedliche Hausarzt- und andere Versorgungsverträge mit individuellen Inhalten und Verwaltungsabläufen haben werden, nicht anders, sondern eher noch aufwändiger werden.

Der Aufsatz "Peering into the Black Box: Billing and Insurance Activities in a Medical Group" von Julie A. Sakowski, James G. Kahn, Richard G. Kronick, Jeffrey M. Newman, und Harold S. Luft ist am 14. Mai 2009 in der Web Exclusive-Ausgabe der Zeitschrift "Health Affairs" (w544-w554) erschienen. Zu ihm gibt es kostenlos ein Abstract, eine zweiseitige Zusammenfassung "In the Literature" beim Commonwealth Fund oder auch die Komplett-Version als PDF-Datei.

Der Aufsatz "What Does It Cost Physician Practices to Interact with Health Insurance Plans?" von Lawrence P. Casalino, Sean Nicholson, David N. Gans, Terry Hammons, Dante Morra, Theodore Karrison, und Wendy Levinson, M.D. ist ebenfalls am 14. Mai 2009 in der Zeitschrift "Health Affairs" (28, Nummer 4: w533-w543) erschienen. Von ihm gibt es auch eine zweiseitige Zusammenfassung beim Commonwealth Fund, ein Abstract und die kostenlose Komplettversion.

Bernard Braun, 17.5.09