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Gesundheitssystem
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Risikoorientierte Beiträge à la PKV: Das Ende der Gesundheitsreformen oder Modell mit wenig Nutzen und ungewisser Zukunft?

Artikel 1746 "Ja, was denn nun oder quo vadis FDP?" mag sich der Leser zweier Gutachten denken, die in den letzten Tagen zum Thema risikoorientierte Beiträge und PKV veröffentlicht bzw. gleich in den Giftschrank des Wirtschaftsministerium gesperrt worden sind und gegensätzlicher nicht sein können!!!

Es geht zum einen um die im Auftrag der FDP-nahen Friedrich Naumann Stiftung und weitgehend aus Steuermitteln (nach eigenen Angaben finanzierte sich die Stiftung 2008 zu rund 92% aus öffentlichen Mitteln) finanzierte Studie "Drei Systeme des Gesundheitswesens im Vergleich".

Zum anderen um das vom Bundeswirtschaftsministerium noch vor dem Regierungswechsel in Auftrag gegebene und damit komplett aus Steuermitteln finanzierte Forschungsprojekt "Die Bedeutung von Wettbewerb im Bereich der privaten Krankenversicherungen vor dem Hintergrund der erwarteten demografischen Entwicklung".
Obwohl der Projektendbericht am 25. Januar 2010 dem mittlerweile freidemokratischen Minister Brüderle ausgehändigt wurde und die Ergebnisse in der gerade von der FDP angestoßenen Gesundheitssystemdebatte wichtige Beiträge liefern könnten, sperrte Minister Brüderle den Bericht vorsätzlich (das folgt unwidersprochen aus einem Artikel der "Ärzte Zeitung" vom 11. Februar 2010) weg.

Beide Gutachten, das für die FDP-Stiftung von Charles B. Blankart, Inhaber des Lehrstuhls für Wirtschaftspolitik und öffentliche Finanzen an der Humboldt-Universität zu Berlin und seinem Doktoranden Erik R. Fasten erstellte und das Regierungsgutachten von mehreren eigenen und kooperierenden Wissenschaftlern des Berliner IGES Instituts (darunter auch der Multi-Regierungs- und Versicherungsberater Bert Rürup), kommen bei der Bewertung des sozialpolitischen Nutzens der privaten Krankenversicherung und ihres zentralen Prinzips und Instruments der risikoorientierten Prämien zu grundlegend unterschiedlichen Feststellungen, Bewertungen und Schlussfolgerungen.

Blankart und Fasten beschäftigen sich in ihrer Studie mit drei Modellen, nämlich der Gesundheitsversorgung im System der gesetzlichen Krankenkassen, der Gesundheitsversorgung durch einen Gesundheitsfonds und mit der Gesundheitsversorgung durch Versicherung zu risikoorientierten Prämien.
Zentraler Kritikpunkt am System der GKV ist dessen "arbeitseinkommensabhängige Prämie" durch die die Versicherten, keine Anreize, Risiken zu vermeiden, neue Arrangements und bessere Qualität zu suchen und so Kosten einzusparen. "Dieses innovative Element fehlt auch dem Zentralismus des Gesundheitsfonds. Auch er beruht auf einkommensabhängigen Beiträgen und bringt insofern keine Verbesserung gegenüber dem System der gesetzlichen Krankenkassen."

Doch lassen sich "diese Probleme …überwinden, wenn das Risiko endogenisiert und zur Zielvariablen gemacht wird. Risikoorientierte Prämien motivieren die Versicherten, Risiken zu vermeiden, und sie geben den Krankenversicherungen Anreize neue, Risiko senkende Arrangements zu suchen und dadurch volkswirtschaftliche Kosten zu sparen."

Und keine Sorgen: Das neue System ist "kein Radikalsystem": "Es werden keine Illusionen vorgelegt, sondern ein Weg aufgezeigt, wie ein Individuum mit dem Problem wachsender Gesundheitskosten umgehen kann, konkret: wie viel der Risiken es durch Verhaltensänderung einsparen, wie viel es selbst tragen und wie viel es bei einer Kasse seiner Wahl versichern will, aber auch muss."

Und natürlich wird auch das Schicksal der Bezieher niedrigerer Einkommen beachtet: "Für sie sollen daher bis zu einem bestimmten (!?) Einkommen für einen bestimmten (!?) Leistungskatalog arbeitseinkommensabhängige Beiträge gelten. Die zu erwartende Kostenunterdeckung wird durch Subventionen ausgeglichen, für die nach dem Solidaritätsprinzip alle und nicht nur einige Bürger aufkommen. Für die Bezieher höherer Einkommen werden risikoorientierte Beiträge angewandt."

In einem Beitrag in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ)" vom 15. Februar 2010 legen die Humboldt-Ökonomen noch ein paar Vorteile ihres "dritten Systems" nach: "Aber wenn wirklich ein Fortschritt in Richtung Wettbewerb und Kostensenkung erzielt werden soll, dann sind risikoorientierte Prämien unerlässlich."
Und was risikoorientierte Prämien bedeuten, sagen sie hier auch wesentlich klarer als in ihrer Studie: "Menschen mit hohen Risiken (bezahlen) höhere, solche mit geringen Risiken niedrigere Beiträge …. Wer zum Beispiel eine Neigung zum Übergewicht hat - egal, ob diese angeboren oder angeeignet ist - bezahlt einen höheren Beitrag. Es kommt auf das Risiko, die Gefahr, nicht auf den Grund der Gefahr an. Denn nur dann bestehen Anreize, durch Maßhalten die Gefahr abzubauen."

Wer jetzt noch unsicher ist oder den Vorschlag der beiden Ökonomen doch für zu utopisch oder radikal hält, bekommt versichert: "In der privaten Krankenversicherung hat sich dieses Prinzip über Jahre bewährt" und außerdem "wäre (das) dann die letzte Gesundheitsreform, und Politiker müssen sich nicht Jahr für Jahr neue Kostensenkungskonzepte einfallen lassen, die doch nie den gewünschten Erfolg haben."

Wenn das so ist, was sollte uns dann vom Sprung aus dem Reich der Notwendigkeit permanenter Gesundheitsreform in die Freiheit risikoorientierter Beiträge abhalten?

Es ist das zweite Gutachten, das zwar die sprungbereite Bevölkerung dank des freidemokratischen Wirtschaftsministers weder auf der Publikationsseite des Ministeriums noch wegen der Urheberrechte auch hier nicht in Gänze lesen darf, aber das trotzdem dieselbe PKV etwas weniger bewährt wahrgenommen hat.

Die IGES-Forscher kommen nämlich in ihrem methodisch und inhaltlich weitaus differenzierteren und substanziellen Gutachten u.a. zu folgenden meist zurückhaltend aber klaren Erkenntnissen:

• Ihre Analyse "hat mehrere Ansatzpunkte aufgezeigt, die begründete Zweifel aufkommen lassen, dass die PKV ihren Ansprüchen gerecht werden kann, einen 'besseren' Schutz gegen Beitragssteigerungen zu bieten. Es ist somit fraglich, ob die etablierten Strategien der PKV zur Bewältigung der zukünftigen versicherungstechnischen Risiken, insbesondere mit Blick auf den demographischen Wandel, ausreichen."
• Das PKV-Konzept der alterskonstanten Prämien "greift … zu kurz", und "trotz Altersrückstellungen können daher auch sprunghafte Beitragserhöhungen nicht ausgeschlossen werden."
• Dies sei vor allem deshalb ein wirtschaftspolitisches Problem, weil "sich kein Wettbewerb um bessere Ansätze entwickelt." Es "fehlt die Grundlage für einen an den Nachfragepräferenzen orientierten und somit effizienten Wettbewerb. Der versicherungstechnische Fortschritt bleibt auf diese Weise stark gehemmt."
• Indem PKV-Unternehmen die "Spielräume, mit ihrer Tarifangebotspolitik Versichertengruppen mit … systematisch unterschiedlicher Risikostruktur wirksam voneinander zu trennen" nutzen, gelingt es ihnen "den Wettbewerb um Versicherte ganz auf Neukunden zu konzentrieren". Dies führt dazu, dass sie "die Ineffizienzen im Versicherungsangebot noch verstärken."
• Diew "Politik der Risikoseparierung" führt zwar zu "neuen Tarifen mit relativ niedrigen Prämien" und den damit gewonnenen Mengen junger, gesunder Versicherter, aber auch zu "überdurchschnittlichen Prämienzuwächsen in der Folgezeit" und älteren Tarifen "auf einem überdurchschnittlichen Prämiennniveau"
• Damit ist aber noch nicht Schluss mit den Wettbewerbsmängeln der PKV: "Auch auf den Leistungsmärkten der PKV sind Wettbewerbsmängel feststellbar". Vor allem der Wettbewerb in der ambulanten Versorgung ist "durch relativ hohe Ausgaben gekennzeichnet." Zwei Beispiele unter vielen: Die PKV-Ausgaben für ambulante Einrichtungen erhöhten sich von 1995 auf 2007 um etwa 89%, die der GKV dagegen "nur" um 35,5%. Die Ausgaben für Zahnarztpraxen stiegen in der PKV im selben Zeitraum um rund 56%, die der GKV um 3,1%.
Das "Wissenschaftliche Institut der PKV (WIP)" bezeichnet dies als "Quersubventionierung" und beziffert das Volumen des Mehrbetrags für die PKV, das durch die Kompensation niedrigerer Einkünfte der Ärzte bei GKV-Patienten entsteht, 2006 auf insgesamt 9,7 Mrd. Euro, darunter 4,4 Mrd. Euro für Arzthonorare. Wenn schon Subventionierung bemüht wird, sollte aber auch die Subventionierung der PKV durch die GKV (z.B. die Existenz nahezu der gesamten Infrastruktur des Gesundheitswesens) beachtet werden, die es der PKV erst ermöglicht, höhere Preise zu bezahlen.
• Und wer jetzt schon etwas kleinlaut geworden murmelt, es gäbe für etwas mehr Leistungsausgaben auch eine bessere Qualität, bekommt auch hier von den IGES-Forschern einen kräftigen Dämpfer: "Inwiefern dies … für die privat versicherten Patienten mit einer höheren Versorgungsqualität verbunden ist, ist bislang kaum empirisch untersucht worden (mit Ausnahme der Unterschiede bei Wartezeiten)."
• Kein Wunder daher, dass "von Seiten der PKV nicht ganz offen und klar kommuniziert (wird), worin leistungsbezogen Vorteile für PKV-Versicherte gegenüber der GKV liegen, die die relativen Mehrausgaben rechtfertigen."
• Die zitierten Tatsachen und zahlreiche weitere empirische Hinweise begründen massive Zweifel daran, dass die PKV derzeitig ihre "versicherungsökonomische Kernfunktion" oder das Ziel der "Einkommensglättung über die Zeit" erfüllt.

Wer jetzt an noch mehr systematischen Argumenten und empirischen Belegen über den Wert des "dritten Systems" der Naumann-Stiftungs-Studienverfasser interessiert ist, muss warten, bis Herr Brüderle die freiheitliche Tradition seiner Partei wiederentdeckt und die 136 Seiten des Gutachtens frei zugänglich macht.

Schon beim jetzigen Kenntnisstand sei aber abschließend die Preisfrage erlaubt: Warum verbirgt Herr Brüderle das aus Steuermitteln finanzierte und gerade für die von seiner Partei angezettelte Debatte über die Zukunft des Krankenversicherungssystems so wichtige IGES-PKV-Gutachten bisher vor den Steuerzahlern? Honni soit qui mal y pense!

Vielleicht wird die Generalisierung des "dritten System" der FDP-nahen Stiftung aber nicht nur durch einen veröffentlichungsbereiten FDP-Minister Brüderle gefährdet. Daran könnte auch noch der FDP-Minister Rösler beteiligt sein, wenn er weiter sein Kopfprämienmodell forciert. Denn die Kopfpauschale, so die Bremer und Fuldaer Gesundheitsökonomen Rothgang und Greß im "Handelsblatt" vom 15. Februar 2010, "macht den Systemübertritt in die PKV finanziell unattraktiv", "würde den Zufluss neuer Kunden … sicherlich halbieren" und damit das Finanzierungsmodell der PKV ins Wanken bringen.

Die von der FDP-nahen "Friedrich Naumann Stiftung für die Freiheit" in Auftrag und herausgegebene 44-seitige Studie "Drei Systeme des Gesundheitswesens im Vergleich" von Charles Blankart und Erik Fasten ist komplett und kostenlos erhältlich.

Der die Gesundheitspolitiker aber im Übrigen auch ihre zahlreichen Berater arbeitslos machen wollende FAZ-Beitrag "Alternativen der Gesundheitsreform" von Blankart und Fasten in der Ausgabe vom 15.2.2010 steht leider lediglich den Abonnenten der Zeitung komplett kostenlos zur Verfügung.

Das IGES/Rürup-Gutachten kann leider auch hier nicht in ganzer Länge zugänglich gemacht werden. Interessenten sollten sich daher an das Bundeswirtschaftsministerium wenden.

Nachtrag 1. März 2010 abends: Nun bleibt dem Interessierten doch der Appell an Herrn Brüderle erspart. Nach Fertigstellung dieses Beitrags zeigte nämlich eine erneute Recherche im Internet, dass der "Giftschrank" des Ministeriums doch Löcher hat, die sogar seriös sind. So bietet IGES, also das Institut, das den PKV-Projektbericht ausgearbeitet hat die Langfassung und eine Zusammenfassung kostenlos auf seiner Website an.

Nur beim Auftraggeber des Forschungsprojektes selber, dem Bundeswirtschaftsministerium, findet sich auch bis jetzt weder eine Zusammenfassung noch der komplette Bericht.

Bernard Braun, 28.2.10