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Durchfallerkrankungen in Lateinamerika: Private Ärzte und Apotheker behandeln schlechter als öffentliche Anbieter

Artikel 0692 Jedes Jahr sterben nach Angaben der UN-Kinderhilfsorganisation UNICEF weltweit mehr als 10 Millionen Kinder an vermeidbaren Ursachen. Mehr als 40 % dieser Sterbefälle beruhen auf Atemwegsinfektionen, Mangelernährung und dem dramatischen Verlust an Körperflüssigkeit und Salzen, der durch Durchfallerkrankungen (18 %) verursacht wird. In allen Fällen sind kosteneffektive Behandlungsmöglichkeiten verfügbar und bekannt gemacht.

Bereits seit einiger Zeit häuften sich Studien, die auf einen unerwarteten und lange für unmöglich gehaltenen Grund hinwiesen, der trotz der Behandlungsmöglichkeiten zu der hohen Sterblichkeit insbesondere an den Folgen von Durchfallerkrankungen vor allem in Entwicklungs- und Schwellenländern hinwiesen: Die auch in Ländern mit niedrigem Einkommen bevorzugte Behandlung in privaten Arztpraxen oder Apotheken statt in öffentlichen Gesundheitseinrichtungen. Trotz der vielfach genau gegenteiligen Empfindungen (z.B. bessere Ausstattung, kürzere Wartezeiten, Bereitschaft, mehr Zeit für Patienten aufzubringen) zeigte eine Zusammenstellung von demografischen und gesundheitlichen Daten aus 28 weltweiten Ländern in den 1990er Jahren, dass private Anbieter keineswegs immer besser ausgestattet sind und im Vergleich zu öffentlichen Gesundheitsdiensten bei Diarrhoe weniger auf die einfache und wirksame Methode der Wiederanreicherung mit Wasser durch die Gabe von in Flüssigkeit gelösten Salzen (so genannte "oral rehydration salts/solution" [ORS]) setzten als auf die Verschreibung von meist unnützen Medikamenten. Die von der "World Health Organization (WHO)" publizierte Leitlinie zur Behandlung von Kinder-Durchfallerkrankungen empfiehlt eindeutig, dass nur eine kleine Anzahl dieser Erkrankten (z.B. die mit blutigem Stuhlgang) mit Arzneimitteln behandelt werden soll und bei der weit überwiegenden Mehrheit Salz-/Glukoselösungen und der Zinkersatz die einzig angebrachte, wirksame und vor allem extrem preisgünstige Behandlung ist.
Eine populäre Zusammenfassung der Behandlungsempfehlungen enthält die als PDF-Datei erhältliche achtseitige WHO/UNICEF-Broschüre "CLINICAL MANAGEMENT OF ACUTE DIARRHOEA".

Ebenfalls in den 1990er Jahren wurde für Lateinamerika und die karibische Region, wo die Behandlung durch private Anbieter weit verbreitet ist, gezeigt, "that more than half of the providers treating child diarrhoea cases and acute respiratory infections (ARI) are in the private sector" und dass beispielsweise in Mexiko "private practitioners perform significantly worse than public ones in terms of advice, therapy, and drugs prescribed for both diarrhoea and ARI."

Ob dies überholt ist oder nur in wenigen Ländern dieser Region so war oder ist, wollten nun Gesundheitswissenschaftler von der Johns Hopkins Bloomberg School of Public Health in Baltimore (USA) wissen. Dazu nutzten sie 10 von der Weltbank unterstützte "Living Standards Measurement Surveys (LSMS)" aus lateinamerikanischen und karibischen Ländern (Ecuador, Guatemala, Nicaragua, Panama, Peru, Bolivien), die für den Zeitraum 1993-2003 repräsentative Daten lieferten. Damit konnten die Erkrankungs- und Behandlungsdaten von 31.073 Kindern unter 5 Jahren analysiert werden, von denen in den Erhebungszeiten 8.241 an einer Durchfallerkrankung litten.

Die wichtigsten Ergebnisse lauten:

• 36,8 % der erkrankten Kinder wurden eher durch einen privaten Behandler (Arzt oder Apotheker) behandelt als durch einen in einer öffentlichen Einrichtung.
• Nachdem der ökonomische Status der Befragtenhaushalte auf einer Skala in 20 %-Gruppen (Quintile) bestimmt wurde, erhöhte sich statistisch hochsignifikant mit jedem Übergang von einem niedrigeren zu einem höheren Status die Wahrscheinlichkeit, dass Kinder mit Durchfall von einem privaten statt einem öffentlichen Leistungserbringer behandelt wurden, um 6,5 Prozentpunkte. Unter den Kindern mit dem ärmsten Elternhaus betrug dieser Anteil 23,3 % und unter den bestsituiertesten Kindern bzw. Elternhäuser 52,1 %.
• Auch die aktuelle Studie belegt nun eindeutig, dass die Behandlung im privaten Sektor qualitativ schlechter ist als im öffentlichen Bereich: Während 13,7 % der Kinder, die von privaten Ärzten behandelt wurden, orale Salzlösungen erhielten, waren dies immerhin 33 % der Kinder, die einen öffentlichen Anbieter aufsuchten. Umgekehrt erhielten die von privaten Anbietern behandelten Kinder mit höherer Wahrscheinlichkeit Arzneimittel verordnet, die von den Wissenschaftlern als "most commonly unnecessary antibiotics" bewertet wurden. 78,9 % der privaten Ärzte verschrieben den von ihnen behandelten Kinder Arzneimittel. Von den privaten Apothekern griffen, nicht weiter verwunderlich, 96,5 % zur Medikamentenschachtel. Der Anteil der privaten Behandler, die ORS "verordneten" bzw. empfohlen, lag betrug unter den Ärzten 20,2 % und bei den Apothekern 3,9 %.
• Ein weiteres Ergebnis ihrer Analyse fassen die Public Health-Experten so zusammen: "Ironically, when it comes to treatment for child diarrhoea, wealthier and better educated households in Latin America are paying for treatment in the private sector that is ineffective in comparison with treatments that are commonly and inexpensively avialable."

Auch wenn die Behandlung durch private Leistungserbringer deutlich unangemessener, schlechter und teurer ist als bei öffentlichen Gesundheitsdiensten, bleibt die Frage, warum auch bei letzteren nur eine Minderheit der erkrankten Kinder die im Normalfall einzig empfehlenswerte, wirksame und preiswerte Behandlung oder Beratung erhalten haben.

Wer sich mehr über den Umfang der Kinder-Durchfallerkrankungen sowie ihre wirksame Vermeidung und Behandlung informieren will, kann dies auf der beeindruckenden, sehr materialreichen und zum Teil auch bedrückenden (z.B. wegen der laufenden "Uhr" der am Besuchstag an Diarrhöe erkrankten und gestorbenen Kinder) Website des indischen Rehydration Project tun.

Kostenlos erhältlich ist leider nur das Abstract des gerade in der Onlineausgabe der Fachzeitschrift "Health Economics" erschienenen, d.h. noch in Druck befindlichen Aufsatzes
"The Role of Private Providers in Treating Child Diarrhoea In Latin America" von Hugh Waters, Laurel Hatt und Robert Black.

Wer einen entsprechenden Zugang über eine Bibliothek hat, kann den 9 Seiten umfassenden Aufsatz über diese Adresse herunterladen.

Bernard Braun, 6.5.2007